Flamenco und Andalusien, das gehört einfach zusammen. Jerez ist eine der Hochburgen des Flamenco, hier findet jedes Jahr ein großes Festival statt, dass viele Besucher anlockt. Wir konnten und wollten mehr über die Tradition des Flamenco in Jerez erfahren.
Was ist Flamenco?
Seit 2010 ist der Flamenco, ein Kunstgenre aus Andalusien, Immaterielles Kulturerbe der UNESCO. Die Kunstrichtung ist seit dem 19.Jahrhundert sehr verbreitet und zeichnet sich durch Lieder und Tänze aus, die auf eine einzigartige Weise vorgetragen werden.
Die Entstehung der Kunstrichtung, Anfang des 19. Jahrhunderts, ist eng mit der historischen, sozialen und kulturellen Entwicklung in Andalusien verbunden. Eine entscheidende Rolle in der Förderung spielte die Bevölkerungsgruppe der andalusischen Gitanos. Über viele Jahre wurde sogar behauptet, sie seien die alleinigen Schöpfer. In der Forschung rund um das Thema wurde viel gestritten, viele unterschiedliche Thesen vorgetragen und so richtig einig ist man sich bis heute nicht. Fest steht, dass aufgrund der sprachlichen Untersuchungen der Texte eher auf eine „zigeunerhafte“ Herkunft zu schließen ist.
Centro Andaluz de Flamenco in Jerez
Seit 1958 gibt es in Jerez ein Institut (Centro Andaluz de Flamenco), dass sich mit der Forschung beschäftigt. Dieses kann man kostenfrei besuchen und wir haben uns dort ein wenig umgesehen. (Öffnungszeiten Montag bis Freitag von 9 – 14 Uhr)
Das Dokumentationszentrum befindet sich in einem wunderschönen Haus. Das Gebäude ist der sogenannte Pemarton-Palast, der ursprünglich als Palast der Marquise von La Mesa de Asta bekannt war. Er ist ein herausragender Vertreter der andalusischen palastartigen Wohnarchitektur und ein Beispiel für mittelalterliche Architektur mit der Stadt Jerez de la Frontera. Von einem wunderschönen Innenhof aus erreicht man das obere Stockwerk mit einem kleinen Filmsaal, einigen Ausstellungsstücken und dem Herz der Forschung, die Bibliothek.
Ziel der Arbeit hier die Sicherung und Förderung literarischen und musikalischen künstlerischen Manifestationen, die mit den Liedern, Tänzen und Gitarren-Touchs der Flamenco-Kunst zusammenhängen. Es werden Seminare, Kurse und Veranstaltungen organisiert, die dabei helfen sollen die Kunstrichtung zu verbreiten.
Bei unserem Rundgang haben wir uns den spanischen Film angesehen, etwas in die Schaukästen geguckt und einen Blick in die Bibliothek geworfen. Schnell haben wir festgestellt, dass man ohne Spanischkenntnisse hier leider nicht besonders weit kommt. Sehr schade, ich finde das Thema sehr interessant.
Ein bißchen konnten wir uns aber aufgrund der Schaukästen und der Bilder des Films (und meiner wenigen Brocken Spanisch) erarbeiten.
Was macht den Flamenco so einzigartig?
Der Flamenco ist nicht eine einheitlich Darbietungsform. Es gibt auch hier unterschiedliche Interpretationen, die mal nur den Gesang und mal die Kombination Gesang und Tanz immer mit Unterstützung von Instrumenten zeigen. Die wichtigsten „Bestandteile“ sind Gesang (cante), Instrumentalspiel (toque), Tanz (baile) und perkussiven Elementen, wie rhythmischem Klatschen (palmas) oder dem Kastagnettenspiel.
Für viele Touristen gehört zum Flamenco hauptsächlich die Gitarre und der Tanz dazu. Wir haben in Cádiz ein Show erlebt, in der nur Gesang und Gitarre vertreten war. Hier waren nur Einheimische zu Gast, die diese Art des Vortrags besonders genossen und gefeiert haben.
Der Gesang ist das zentrale Element des Flamenco. Der Interpret muss dabei hohe gesangstechnische Anforderungen meistern. Viele Texte sind mündlich überliefert und seit den ersten schriftlichen Aufzeichnungen am Ende des 19. Jahrhunderts kaum verändert. Es wird traditionell im andalusischen Dialekt gesungen. Meistens handeln die Texte von Verlust, Unerreichbarkeit, Liebe und Schmerz, was die Sänger sehr eindrucksvoll durch Gestik, Mimik und natürlich der Stimme unterstreichen.
Neben dem Gesang ist das Klatschen ein wichtiger Bestandteil der Performance. Dabei wird aber nicht einfach rhythmisch geklatscht, sondern je nach Lied auch mal zwischen den Zählzeiten geklatscht. Die Akteure klatschen mal laut und hell und dann wieder dumpf und leiser. Besonders spannend finde ich es, wenn jeder etwas anderes klatscht, was fast schon zu einem meditativen Geräusch führen kann. Neben dem Klatschen wird auch das Fingerschnalzen als Element gerne verwendet.
Die Instrumente spielen beim Flamenco natürlich auch eine wichtige Rolle. Die Flamencogitarre ist das traditionelle Instrument zur Begleitung von Gesang und Tanz. Ich war begeistert mit was für einer Fingerfertigkeit die Gitarristen dem Instrument die erstaunlichsten Melodien entlockt haben. Zusätzlich setzen die Künstler auch gerne Perkussionsinstrumente wie Kastagnetten, das Cajón (eine Holzkiste mit einem Schallloch auf der Rückseite und einem durch Schrauben justierbaren Schlagbrett auf der Vorderseite) und den eigenen Körper ein.
Für viele Besucher ist der Tanz sicherlich der wichtigste Aspekt des Flamenco. Dieser wird von Tänzerinnen und Tänzern dargeboten und veranschaulicht die Texte der Lieder auf eine ganz andere Art und Weise. Gerade die Besucher, die die Texte nicht verstehen, bekommen so zusätzlich die optische Veranschaulichung geboten. Der Tanz zeichnet sich durch eine beeindruckend rhythmische Fußarbeit aus. Die Absätze klappern, es wird gestampft und der Fuß schleift über den Boden. Schon alleine das ist eine eigene Melodie. Aber nicht nur die Füße spielen eine entscheidende Rolle.
Jeder Teil des Körpers ist am Tanz beteiligt: Oberkörper, Arme, Hände, Finger, ja selbst die Blickrichtung und der Gesichtsausdruck sind wichtig. Zusätzlich wirbeln die Tänzerinnen ihr Kleid herum, so dass ich kaum wusste, wo ich zuerst hingucken sollte.
Besuch einer Flamenco Aufführung in der Tabanco El Pasaje
In Jerez gibt es viele Möglichkeiten den Flamenco zu erleben. Wir haben uns für den Besuch der Tabanco El Pasaje entschieden, die zu bestimmten Uhrzeiten Shows anbietet.
Der Besuch ist kostenfrei möglich. Dann hat man allerdings keinen Sitzplatz und steht hinter einer hüfthohen Absperrung. Hier ist die Sicht eingeschränkt und zusätzlich schlängelt sich der Kellner immer wieder vorbei.
Wer lieber an einem Tisch sitzen möchte, muss diesen vorab reservieren. Diese Plätze sind „kostenpflichtig“, da man bei der Reservierung ein kleines Tapas Menu auswählen muss, dass auch Sherry und Getränke (je nach Angabe) beinhaltet. Die Tische befinden sich dann in unmittelbarer Nähe zur kleinen Bühne und man hat seine sehr gute Sicht auf die Künstler.
Nachdem die Türen geöffnet waren und wir unseren Tisch zugewiesen bekommen hatten, war noch etwas Zeit sich im Raum umzusehen. Die Wände sind mit Plakaten und Bildern aus der Flamenco und Stierkampfszene gestaltet. An der Bar gibt es Sherry (zum Beispiel Fino, Oloroso und Amontillado), aber auch andere Getränke. Mir gefällt die Location und ich kann mir vorstellen, dass man dort auch zu vorführungsfreien Zeiten eine schöne Zeit verbringen kann.
Wir konnten eine Show erleben, die durch einen Gitarristen, einen Sänger und eine Tänzerin gestaltet worden ist. Mir hat es sehr gefallen. Der Sänger, der auch etwas tanzte, hat es auf eine erstaunliche Art verstanden uns seine Geschichte zu erzählen. Die Mimik und der Klang der Stimme reicht vollkommen aus die Geschichte deutlich werden zu lassen.
Die Tänzerin hat mich sehr in den Bann gezogen. Ihre Körpersprache drückte Freude, Leid, Wut und Liebe wunderbar aus. Zusätzlich zeigte sie uns beeindruckende Choreografien mit Schrittabfolgen, die so schnell und ausdrucksstark waren, dass ich nur staunen konnte. Leider ging durch die starke Präsens der Beiden das Können des Gitarristen fast unter. Er spielte oft so schnell Tonabfolgen, dass es kaum möglich war den Fingern zu folgen.
Die Veranstaltung dauerte etwa 1 Stunde und hat mich sehr begeistert und Beeindruckt.
Adresse
C/ Santa Maria 8 , 11402 Jerez
der Frontera
Show
täglich 14, 19.30, 21.30 Uhr
Der Besuch in der Flamenco Aufführung fand auf Einladung von Jerez Tourism statt.
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