Nicht weit vom Aegidientorplatz entfernt steht die Gartenkirche mit ihrem beeindruckenden Friedhof. Auf dem Gartenfriedhof Hannover findet man nicht nur eine Vielzahl klassizistischer Grabmäler, hier erfährt man auch die ein oder andere Geschichte, die einen in Erstaunen versetzt.
Gartenfriedhof Hannover
Wie der Name schon vermuten lässt, lag die Gartengemeinde mit ihrer Kirche und dem Friedhof einst vor den Stadtmauern Hannovers. Vor dem Aegidientor hatten sich die „Gartenleute“ angesiedelt , die das Land für Acker- und Gartenbau nutzten und mit ihren Produkten auch die Stadt Hannover versorgten.
Die Stadt Hannover wollte mit dem Bau einer Kirche die Seelsorge für die sogenannten Gartenleute verbessern und gleichzeitig ein geordnetes Gemeindewesen der Siedler ermöglichen.
Geschichte des Friedhofs
1741 kaufte die Stadt ein sechs Morgen (15.000 m2) große Grundstück, umgrenzte es mit einem Zaun sowie einer Hecke und eröffnete noch im gleichen Jahr den “Neuen Kirchhof vor dem Aegidientor”. Der erste städtische Friedhof Hannovers war vorwiegend für die „Gartenleute“ bestimmt und entwickelte sich schnell zu einem der wichtigsten Friedhöfe außerhalb der Stadtmauern. Im Laufe der Jahre entstanden ca. 5.000 Grabstellen mit insgesamt ca. 12.000 Beisetzungen.
1741 legte man noch keinen besonderen Wert auf einen „geordneten“ Friedhof. Man richtete die Grabsteine, genauso wie die Kirche, nach Osten aus. Dadurch entstand ein „wildes“ ungeordnetes Durcheinander an Gräbern. Erst später entwickelte sich eine Friedhofsordnung. Diese führte zu einem angeordneten Wegesystem mit Hauptwegen und Querwegen und Grabfeldern, die dazwischen angelegt wurden.
Mitte des 18. Jahrhunderts entstand die Aegidienneustadt, in der hauptsächlich gut bürgerliche Familien lebten. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts kam es zu ersten Beerdigungen aus dieser Bevölkerungsgruppe auf dem Gartenfriedhof Hannover. Die Angehörigen ließen auf den Gräbern repräsentative Grabmale mit oft hohem künstlerischem Aufwand errichten. Dabei achteten die sogenannten „hübschen Familien“, wie die Hannoveraner die Familien der Beamten, Militärs, Ministern, Professoren und Hofräten nannten, auch auf die Verwendung der damals typischen Stilelement wie Urne, Tränenkrüglein, die sich in den Schwanz beißende Schlange (=Unendlichkeit), Schmetterling (=Metamorphose) und erloschene Fackel.
Nach 123 Jahre war die Kapazität des Geländes erreicht und eine Erweiterung nicht möglich. Die letzte Beisetzung fand am 8.8.1864 für Carl Rader statt (diese Grabstätte ist nicht mehr auffindbar) und am 23. Oktober 1864 wurde der Gartenfriedhof – laut Eintrag im Kirchenbuch – geschlossen.
Im Laufe der Jahre reduzierte sich die Friedhofsgröße um gut 50%. Es entstand eine Kirche auf dem Gelände und durch den Straßenbau gingen weitere Flächen verloren.
Nach dem Zweiten Weltkrieg, so etwa in den 1950er Jahren, begann der Verfall des Gartenfriedhofes. Nicht nur die zunehmende Umweltverschmutzung machte dem Sandstein der Grabmäler zu schaffen. Leider nutzten die Hannoveraner die Anlage zunehmend als Hundeauslaufgebiet und Vandalismus führte zu weiteren Schäden. Einige Vereine gingen das Problem an und schafften es, den Friedhof wieder attraktiv werden zu lassen. Heute findet man eine Orientierungstafel am Eingang, die die wichtigsten erhaltenen Gräber und ihre Lage aufzeigt.
Friedhofsgeschichten
Wer einen kleinen Rundgang über den Gartenfriedhof unternimmt, kann zum Beispiel die Gräber von Charlotte Kestner, Urbild von Goethes „Lotte“ aus dem „Werther“, der Astronomin Caroline Herschel und des Malers Johann Heinrich Ramberg finden.
Jeder Friedhof hat neben der historischen Geschichte aber auch seine eigenen Geschichten. Dabei handelt es sich häufig um unerklärliches, schauriges oder auch einfach nur eine Anekdote, die auf dem Friedhof irgendwann passiert ist.
Solche Geschichten erzählt man sich natürlich auch über den Gartenfriedhof.
Das geöffnete Grab
Die Geschichte des „geöffneten Grabes“ erzählt man sich bereits seit dem 19. Jahrhundert. Zahlreiche Schauergeschichten in unzähligen Abwandlungen machten das Grab so schnell zu einer „Touristen-Attraktion“.
Henriette Juliane Caroline von Rüling lebte von 1756 bis 1782 in Hannover. Die Ehefrau des hannoverschen Regierungssektretärs verstarb an Schwindsucht. Der Grabstein trägt die Inschrift „Dieses auf ewig gekaufte Begräbnis darf niemals geöffnet werden.“
Nun kam es aber dazu, dass vor der Legung des Grabplatte ein Birkensamen auf dem Grab gelegen haben muss. Mit der Zeit wuchs aus dem Samen eine immer größer und kräftiger werdene Birke, die schließlich den Grabstein anhob. Trotz des Gebotes der Grabsteininschrift kam es so zur Öffnung des Grabes und führte zu den wildesten Schauergeschichten.
Die Geschichte des Grabes inspirierte Otto Warbeck 1883 zu seinem Roman „Das geöffnete Grab“. Um 1900 konnte man Ansichtskarten des Grabes kaufen und sogar in einem 1905 veröffentlichten Bildband zeigte man das Grab.
2010 musste man die Birke aus Sicherheitsgründen fällen. Nach Protesten und in Absprache mit dem Denkmalamt pflanzte man neben die Grabstelle eine junge Birke.
Das „Menschenfresser-Grab“ auf dem Gartenfriedhof Hannover
Ein weiteres Grab, um das sich eine Geschichte rankt ist, das „Menschenfresser Grab“. Alles dreht sich dabei um den Obelisken, der für den verstorbenen Heinrich Andreas Jacob Lutz (1728-1794) aufgestellt worden ist.
Die Familie des Zimmermannes hatte nicht viel Geld und beauftragte einen „billigen“ Steinmetz mit der Erstellung des Grabmals. Was sich dieser dachte, als er die Inschrift auf den Stein meißelte, bleibt wohl für immer sein Geheimnis. Die Familie war sicherlich nicht sehr erfreut, als sie dort las:
„Hein
rich
Andre
as
Jakob
Lutz“
Schnell sprach sich die Inschrift herum und bis heute wird die Grabstelle auf dem Gartenfriedhof Hannover als „Menschenfresser-Grab“ bezeichnet.
Adresse
Marienstraße 35,
30171 Hannover
Der Besuch auf dem Gartenfriedhof Hannover fand im Rahmen einer Recherchereise nach Hannover statt.
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