Wer am Strand entlang geht, hat bestimmt auch schon mal die unglaublichsten Gegenstände entdeckt, die das Meer angespült hat. Das Maritiem- en Juttersmuseum Flora (Maritim- und Strandgut-Museum Flora auf Texel) hat unzählige dieser Funde gesammelt und stellt diese in einem beeindruckenden Museum aus.
Was ist Strandgut?
Alle Gegenstände, die aufgrund von Meeresströmungen oder Tiden an Meeresküsten oder Strände angespült werden, bezeichnet man als Strandgut. Wichtig ist, die Gegenstände müssen an Land liegen bleiben, befinden sie sich noch im Meer nennt man sie Seetrift.
Man unterscheidet:
- Strandgut: Gegenstände, die von einem in Seenot geratenen Schiff oder abgestürzten Flugzeug geborgen werden, zum Beispiel Container, Schiffsladung
- Seewurf: Gegenstände, die von Bord eines in Seenot geratenen Schiffes geworfen werden mit dem Ziel, die Besatzung zu retten
- Strandtrift: Gegenstände, die gegen den Strand getrieben werden und vom Strand geborgen werden, zum Beispiel Flaschenpost
- Wrackgut: zum Beispiel versunkene Schiffstrümmer, die vom Meeresgrund aufgespült werden
Tiere, wie zum Beispiel gestrandete Wale oder Delfine, zählt man nicht zum Strandgut.
Wem gehört das Strandgut?
Es gibt für alles Regelungen und Gesetzte, also auch für das Strandgut.
1875 hat man in Deutschland eine Strandverordnung erlassen. Diese regelte die Bergung oder Hilfeleistung und die Annahme von Strandgut. Mit einigen Anpassungen blieb diese Verordnung lange bestehen.
Seit 1990 gibt es die Einordnung des Strandguts in das Strandrecht, das wiederum zum Fundrecht gehört. Danach ist Strandgut herrenlos und der Finder kann es sich rechtmäßig aneignen, wenn der bisherige Eigentümer in der Absicht, auf das Eigentum zu verzichten, den Besitz an der Sache aufgegeben hat. Das heißt so viel wie, bewußt weggeschmissen darf man behalten, zufällig weggeschmissen muss man zurück geben.
Man geht meistens beim Strandgut davon aus, dass der Eigentümer den Besitz nicht aufgegeben hat, denn Strandgut gilt zunächst als „auf hoher See verloren“. Also heißt es, den Fund ins Fundbüro bringen und darauf warten, ob der Eigentümer sich meldet. Ist das der Fall hat man Anspruch auf Finderlohn, ist das nicht der Fall, darf man nach sechs Monaten den Gegenstand wieder abholen und behalten.
Strandgut sammeln in den Niederlande
In der Vergangenheit suchten die Küstenbewohner oft die Strände nach wertvollem Strandgut ab. Besonders nach den Stürmen war die Chance groß etwas zu finden. Im niederländischen Sprachgebrauch gibt es dafür den Begriff „jutten“.
’Strandjutten’ war und ist eine illegale Tätigkeit, dieses ist durch das ’Wet op de strandvonderij’ (1931) und dem ’Wrakkenwet’ (1934) – also durch Strandgesetze – festgelegt. Das Recht auf Strandgut schreibt vor, dass alle gefundenen Gegenstände bei der Polizei oder der Hauptstrandwache abgegeben werden müssen.
Besuch im Maritiem- en Juttersmuseum Flora
Von einem großen kostenfreien Parkplatz erreicht man nach wenigen Schritten das Eingangsgebäude zum Maritiem- en Juttersmuseum Flora. Schon auf diesen wenigen Metern wurde mir klar, dieser „Museumsbesuch“ sollte etwas besonderes werden. Bereits vor dem Eingang konnte man erkennen – es wird viel, sehr viel zu sehen geben.
Zunächst zog es uns in den Außenbereich des Geländes. Vorbei an unzähligen verrosteten Ankern, mit Muscheln verkrusteten Schiffsrudern und gefühlten 1000 Bootstfendern (ein Schutzkörper, der Beschädigungen an der Außenhaut eines Schiffes bei Hafenmanövern sowie beim Liegen an der Kaimauer verhindern soll) und Tauen führte uns der Weg zu einer großen Freifläche. Dort befinden sich die „großen“ Fundstücke.
Man kann zum Beispiel einen gestrandeten norwegischen Kutter betreten und riesige Bojen / Positionsleuchten sehen. Für mich das interessanteste Fundstück ist jedoch die Rettungsbootkapsel.
Fundstück: Rettungsbootkapsel
Wir standen im Maritiem- en Juttersmuseum Flora vor einer großen Rettungsbootkapsel. Ich muss sagen, ich war schon etwas irritiert, bei der Vorstellung einen solche „Kapsel“ als Strandgut zu bezeichnen. Wer findet schon so ein Rettungsboot? Aber tatsächlich, es handelt sich wirklich um ein Fundstück, dass am Strand von Noordwijk angespült worden ist.
Eigentlich sollte die Rettungsbootkapsel knapp 100 Personen als Fluchtmöglichkeit im Katastrophenfall dienen. Ursprünglich befand sie sich auf der Ölplattform JB114 Nassau, die in der Nordsee lag. Im November 2011 herrschte ein schweres Unwetter über der Nordsee. Meterhohe Wellen peitschten über die Ölplattform. Dabei rissen die Wellen die Rettungskapsel, die immerhin mit 6,5 Tonnen kein Leichtgewicht ist, ins Meer.
Es dauert nicht lange und das Meer „spuckte“ seinen Raub am Strand wieder aus. Der ehemalige Besitzer spendete den Fund dem Strandgutmuseum Flora. Und so kann man heute in das 9,35 Meter lange und 3,60 Meter breite Boot klettern und es genauer betrachten.
Auch wir sind in die Rettungskapsel gestiegen und ganz ehrlich, ich bin sofort wieder ausgestiegen. Bei der Vorstellung, dass hier fast 100 Menschen zusammengedrängt sitzen, keine Sicht nach außen ist, das Meer sie wie einen Spielball hin und her schleudert … es war mir zu eng und zu bedrückend. Anderseits – besser dort eng zusammen sitzen, als ertrinken. In der Not wäre ich bestimmt auch ohne zu zögern eingestiegen.
Streifzug durch die Museumsgebäude
Ein Teil der Fundstücke kann man in speziellen Zusammenstellungen in kleinen Gebäuden auf dem Gelände betrachten.
In dem Gebäude „Jutterei“ findet man eine Sammlung von Gegenständen, die über einen Zeitraum von etwa 80 Jahren an den Stränden von Texel angespült worden sind. Gegenstände wie Rettungsringe, Helme, Fender, Taue oder Fischernetze gibt es hier in allen Größen und Farben zu sehen. Auch die Beschriftungen zeigen, sie stammen aus allen Ecken der Welt. Diese Funde sind zwar nicht schön, aber für mich zum Teil noch nachvollziehbar, dass davon mal etwas im Meer landen kann.
Auch das mal ein Container bei extremen Seegang über Bord gehen kann, ist für nich noch nachvollziehbar. Ja und das dann der Inhalt des Container den Strand erreicht ist auch klar. Ich erinnere mich noch zu gut an Zeitungsberichte über eine Ladung Markenschuhe die über Bord gegangen war und zum Beispiel auf Langeoog angespült wurden. Auch im Maritiem- en Juttersmuseum Flora hängen unzählige Schuhe, die man auf Texel gefunden hat.
Guckt man weiter entdeckt man unzählige Babynuckel, Plastikhandschuhe, Feuerzeuge, Flaschen, Dosen, Medikamente,… alles Gegenstände bei denen ich entsetzt bin. Warum landet das im Meer und vor allem warum in diesen Mengen? Schon alleine das „sichtbar“ machen der Gegenstände macht mir bei diesem Besuch deutlich, wie sehr das Meer zur Müllkippe der Bevölkerung geworden ist. Erschreckend und hoffentlich hinterlässt es bei dem ein oder anderen Besucher einen Eindruck, der zu einer Veränderung im Verhalten führt.
In den anderen Ausstellungsbereichen gibt es noch so viel zu entdecken, dass man ich sehr lange im Museum aufhalten kann. Eindrucksvoll finde ich die Berichte über die Schiffe, die vor der Küste Texels gestrandet sind und über die Arbeit der Rettungsgesellschaft KNRM. Ein Video zeigt zum Beispiel, wie ein gestrandetes Schiff am Strand zerlegt und abtransportiert wird, ein anderes Video zeigt eindrucksvoll die Arbeit der Rettungsgesellschaft. Wirklich toll aufgearbeitet und ich habe eigentlich auch überall die Erklärungstexte in deutsch gesehen.
Maritiem- en Juttersmuseum Flora für Kinder
Mit Kindern sollte man einen Besuch im Maritiem- en Juttersmuseum Flora auf keinen Fall verpassen. Es gibt eine für Kinder konzipierte Schnitzeljagd durch das Museum, bei derdie Teilnehmer zahlreiche Aufgaben erfüllen. Zusätzlich gibt es kleine Stationen, bei denen die Kinder (und auch Erwachsenen) aktiv werden können. Ich musste unbedingt das Angeln ausprobieren und habe mit Begeisterung meine Kenntnisse der Seemannsknoten aufgefrischt.
Das Highlight ist sicherlich der riesige Spielplatz mit Schaukeln, Seilbahn und Wippen. Es gibt Picknicktische und man darf auch sein Picknick selber mitbringen. Oder man besucht das sehr gemütliche Museumscafé, in dem man zahlreiche Getränke und Snacks erhält.
Besucherinformationen
Adresse
Maritiem- en Juttersmuseum Flora
Pontweg 141 A
1796 MA De Koog TEXEL
Anfahrtsmöglichkeiten
Öffentlichen Verkehrsmittel (Bus oder Texelhopper): Station Californiëweg
Auto: über den Californiëweg
Parken
Kostenlos auf den Parkplatz direkt am Museum.
Öffnungszeiten
täglich: 10-17 Uhr
Eintrittspreise
Erwachsene: 8,-€
Es werden Ermäßigungen angeboten.
Barrierefreiheit
Das Juttersmuseum Flora ist laut Anbieter barrierefrei. Es gibt eine Behindertentoilette.
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Der Besuch im Maritiem- en Juttersmuseum Flora war ein Programmpunkt einer Pressereise des VVV Texel. Die Berichterstattung erfolgt unabhängig zur Reise.
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