Das Heilige Grab in Görlitz gehört zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten der Stadt. Es ist eine verkleinerte Kopie des Originals in Jerusalem und als religiöses Kunstwerk erbaut worden.
Am Ende meiner Pilgerreise auf der Via Sacra in Görlitz angekommen, stand nach dem Besuch der Kirche St.Peter und Paul noch der Besuch des Heiligen Grabes auf meiner Liste der sakralen Orte in der Stadt. Unbewußt wählte ich genau einen Teil des Weges, der als Kreuzweg von der Krypta der Kirche zum Heiligen Grab führt.
Der Kreuzweg führt vorbei an den Stationen:
- Jesusbäckerei:
Die Bäckerei soll die Stelle markieren, an der Jesus unter der Last des Kreuzes zusammengebrochen ist. - Garten Gethsemane (Ölberg):
Am Ölberg in Görlitz befindet sich ein kleiner Park der sich an einen kleinen Hang schmiegt. Von hier hat man einen schönen Blick über die Stadt. - Gebetsplatz Jesu (Jüngerwiese)
- Kidrontal (Lunitztal)
An diesen Stationen führt jedes Jahr am Karfreitag der Weg der Besucher zur Auferstehungsfeier im Heiligen Grab entlang.
Erreicht man die Anlage, kann man eine verkleinerte Nachbildung des maurisch-romanischen Heiligen Grabes und die Salbungskapelle mit einer Skulptur von Hans Olmützer besuchen.
Warum steht das Heilige Grab in Görlitz?
Baubeginn der Anlage war 1480. In diesem Jahr stellte der Rat der Stadt Görlitz beim Bischof von Meißen den Antrag eine steinerne Kreuzkapelle errichten zu dürfen. 1504 weihte dieser dann die Kapelle mit einem Gottesdienst ein.
Aber warum ließ der Rat die Kapelle errichten?
Dazu gibt es nur wenig belegbare Fakten, aber eine Legende.
Legende zur Entstehung
Georg Emmerich lebte 1422-1507 in Görlitz. Der Sohn des damaligen Bürgermeisters schwängerte die Nachbarstochter Benigna des Ratsherren Horschel. Er weigerte sich allerdings sie zu heiraten, obwohl die Eltern der jungen Frau das forderten. Mit ein Grund war sicherlich, dass die beiden Familien nicht nur unterschiedlichen religiösen Lagern, sondern auch noch unterschiedlichen politischen Lagern angehörten. Wer die Entscheidung traf, die Ehe abzulehnen, ob der Bürgermeister oder der Sohn, ist nicht ganz klar. Auf jeden Fall, wurden die Folgen des Fehltritts langsam sichtbar und Georg Emmerich das Stadtgespräch. Er musste reagieren und so entschloss er sich, 1465 eine Pilgerreise nach Jerusalem zu unternehmen, die ihn von der Sünde rein waschen sollte.
Er brach also mit seinem Gefolge auf und besuchte das Heilige Grab in Jerusalem, dort wurde er sogar zum Ritter des Heiligen Grabes geschlagen.
Angeblich soll Emmerich vor Ort so beeindruckt gewesen sein, dass er einen Plan entwickelte, den er später in der Heimat umsetzten wollte. Dazu fertigte er Skizzen von der Grabeskapelle an. Er nahm sämtliche Maße auf, ja selbst die Entfernungen der verschiedenen Stätten wurden notiert.
Nach seiner Rückkehr nach Görlitz war der „Fehltritt“ gesühnt und Georg Emmerich heiratete die vermögende Barbara Knebel. Später übernahm er das Bürgermeisteramt seines Vaters, betrieb erfolgreich Handel mit Tuch, Getreide und Metall und ihm gehörten zwanzig Rittergüter und Dörfer in der Region. Er wurde der erfolgreichste Kaufmann der Stadt.
Mit der Zeit begann er einen Ort zu suchen, an dem er seinen in Jerusalem gefassten Plan umsetzten konnte. Er wollte das Heilige Grab nachbauen. Er fand ein Gelände außerhalb der Stadt. Die Entfernung zur St.Peter und Paul Kirche betrug knapp 1000 Schritte. Das entspricht der Länge des Kreuzweges vom Pilatuspalast zum Berg Golgatha. Das Gelände befand sich auf einem Hügel, der ähnlich des Hügels im Gelobten Land war und sogar von einem Bach durchzogen wurde.
1481 ließ er nun die Kopie des Heiligen Grabes maßstabgetreu nachbauen. Wenn auch verkleinert, entstanden Kopien von Adams- und Golgathakapelle, Salbungskapelle, dem Bach Kidron, dem Ölberg, der Jüngerwiese und dem Olivenhain Gethsemane.
Heilige Grab – ein Rundgang
Nachdem man den Eingangsbereich mit der Kasse durchquert hat, führen einige Stufen den kleinen Berg hinauf. Ein Weg führt zu den einzelnen Bauwerken auf dem Gelände.
Mein Weg führte mich zuerst zur Salbungskapelle.
Die Salbungskapelle
Ein kleines Bauwerk, dass mit einem Ziergitter verschlossen ist, ist die Salbungskapelle im Heiligen Grab von Görlitz.
Schaut man durch das Gitter hindurch, entdeckt man dort eine Skulptur aus dem Jahr 1500, die von Hans Olmützer angefertigt worden ist. Das Kunstwerk zeigt Maria, die weinend über Jesu gebeugt sitzt. Unter der Figur steht der Spruch: „O mater Dei, miserere mei, Jesu Christe, propicius mihi esto“. Das bedeutet so viel wie: O Mutter Gottes, erbarme dich meiner; o Jesus Christus, sei mir gnädig.
Leider ist durch das Gitter ein genauer Blick nur schwer möglich und so zog es mich weiter in die Doppelkapelle.
Die Doppelkapelle “Zum heiligen Kreuz”
Die spätgotische Doppelkapelle ist ein schlichtes rechteckiges Bauwerk mit spitzem Dach und unterteilt sich in den unteren Raum der Adamskapelle und den oberen Raum der Golgathakapelle.
Zunächst betrete ich die Adamskapelle. Auf der linken Wandseite fällt mir zuerst ein Epitaph der Familie Emmerich ins Auge. Eine sehr schön gestaltete Tafel, die 1578 von einem Enkel Emmerichs aufgehängt wurde.
An der Ostwand steht ein schmuckloser Kastenaltar, der das Grab Adams symbolisiert. In der Mauer dahinter entdecke ich einen langen Riss. Dieser ist künstlich erzeugt und bezieht sich auf die Aussage im Matthäus Evangelium, nach dem es in der Todesstunde Jesu ein Erdbeben gegeben hat, das einen Riss im Fels erzeugt hat.
Über eine Außentreppe erreicht man die Golgathakapelle. Durch Fenster scheint Licht in den quadratischen Raum und lässt ihn dadurch viel heller und freundlicher als die darunter liegende Adamskapelle wirken.
In der Kapelle stellt eine Steinschwelle den Felsen dar, der in Jerusalem in der Kapelle sichtbar ist. In der Schwelle entdecke ich drei Löcher, die an die drei Kreuze auf dem Berg Golgatha erinnern sollen. Am mittleren Loch befindet sich die im Boden eingeritzte Beschriftung INRI und ein Bronzering umschließt das Loch. Das Kreuz Jesu stand in der Mitte und wurde flankiert von zwei weiteren Kreuzen. Neben dem mittleren Loch im Boden verläuft eine Rinne, die zum Riss im Felsen der darunter liegenden Adamskapelle gehört.
Der Altartisch enthielt in den vergitterten Reliquenbehälter ursprünglich eine Relique des heiligen Kreuzes. Heute liegen dort drei Würfel, die an die drei Soldaten erinnern sollen, die um das Gewand Jesu gelost haben.
Die Grabkapelle
Hinter der Salbungskapelle befindet sich die Grabkapelle. Steht man vor dem Gebäude, fällt zuerst der Blick auf den kleinen Turm, der wie eine Laterne aussieht. Der maurisch-romanische Bau ist in zwei kleine Räume aufgeteilt.
Tritt man durch die kleine Eingangspforte fällt zunächst ein Stein ins Auge. Dieser bildete den Verschlussstein des Grabes. Die beiden kleineren Steine werden als Wächtersteine bezeichnet.
Im vorderen Raum steht ein handgeschnitzter weißer Engel aus der Barockzeit. Er soll an die österliche Verkündung am Grab des auferstandenen Jesu erinnernd. Ein kleiner Durchgang, den man nur gebückt durchqueren kann, führt in die Grabkammer. Der Raum ist fensterlos und nur wenig Licht scheint durch die Türöffnung in den schlichten Raum. Er zeigt den Ort, an dem der Leichnam Jesu gelegen hat.
Der Besuch im Heiligen Grab von Görlitz beendete meine Pilgerwanderung auf der Via Sacra, die mit vielen unvergesslichen Eindrücken versehen war.
Adresse:
Heilige-Grab-Straße 79/80
02828 Görlitz
Öffnungszeiten:
Januar, Februar, November, Dezember:
täglich 9 bis 16 Uhr
am 24. Dezember geschlossen
März, April, September, Oktober:
täglich 9 bis 17 Uhr
Mai, Juni, Juli, August:
täglich 9 bis 18 Uhr
Eintrittspreis:
Erwachsene: 3,-€
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