Das Kulturhistorische Museum Görlitz ist ein regionales Museum, dass sich innerhalb des Stadtgebietes in drei Gebäuden befindet: im Barockhaus, in der Kaisertrutz und im Reichenbacher Turm. Wir haben uns die drei recht unterschiedlichen Bereiche im Kulturhistorischen Museum Görlitz angesehen und soviel sei vorab verraten – es war wirklich interessant.
Begonnen haben wir unseren Rundgang in der Kaisertrutz.
Kaisertrutz
Der Kaisertrutz gehörte zu der Görlitzer Stadtbefestigung und war eine von 32 Basteien. Das Gebäude ist als Rondell erbaut und war mit Kanonen bestückt. Heute sind noch vier Basteien vorhanden.
1490 errichtete man das Gebäude zum Schutz des Reichenbacher Tors und der Via Regia, einer der größten und wichtigsten Handelsstraßen.
Im Dreißigjährigen Krieg besetzten die Schweden Görlitz. 1641 belagerten Truppen des Kaisers Ferdinand II. die Stadt. Die Bastion trotze den Angriffen der kaiserlichen Truppen. Zu diesem Zeitpunkt erhielt es den Namen Kaisertrutz.
Bis zum ersten Weltkrieg nutzte man das Gebäude für militärische Zwecke. 1920 erhielt die Stadt das Nutzungsrecht zurück und baute das Gebäude zunächst um. 1932 zog dann ein Museum in der Kaisertrutz ein. 2009-2011 sanierte man das Gebäude und beherbergt nun das Kulturhistorischen Museum Görlitz. Gezeigt wird eine kulturgeschichtliche Dauerausstellung über die Stadt und Region, Sonderausstellungen und die Galerie der Moderne.
Dauerausstellung in der Kaisertrutz
Betritt man das Gebäude, fallen die bunten Streifen auf dem Fußboden sofort ins Auge. Jede Farbe steht dabei für eine Epoche und diese Farbe findet man dann in dem dazugehörigen Ausstellungsbereich auch wieder. Eine wirklich schöne Orientierungshilfe.
Im Untergeschoss beginnt der Rundgang mit der Kulturgeschichte der Region rund um Görlitz in der Zeit ab etwa 12.000 v.Chr.. Zu sehen sind überwiegend archäologische Funde aus der Region – vom Feuerstein bis zu Grabfunden der bronzezeitlichen Lausitzer Kultur, der slawischen Besiedlung um 1000 n. Chr. bis zur Stadtgründung von Görlitz. Die Begleitinformationen in der gesamten Dauerausstellung kann man in deutsch, englisch und polnisch lesen.
1303 erhielt Görlitz das Stadtrecht und durch die gute Lage an der Handelsstraße Via Regia entwickelte sich der Handel und das Gewerbe in der Stadt sehr schnell. Das Thema Via Regia wird, so find ich, in der Ausstellung sehr gut und verständlich erklärt. Ich habe zum ersten Mal mit Hilfe des Medientisches den Streckenverlauf gut erklärt bekommen.
Die Wollweberei und Bierherstellung waren die wichtigsten Handwerke der Stadt. In der Dauerausstellung kann man zum Beispiel Zunftobjekte und Schnitzwerke, wie zum Beispiel ein beeindruckendes geschnitztes Holzpanorama der Stadt von 1565 sehen.
Die Geschichte von Görlitz wird in der Dauerausstellung bis zur heutigen Zeit betrachtet. Vom wirtschaftlichen Aufschwung im Zuge der Industrialisierung bis hin zu Kriegsfolgen und den Krisen, die die Stadt und ihre Bevölkerung im Anschluss erlebten. Besonders spannend für mich war dabei die Entwicklung der Stadt in der Zeit der DDR und der friedlichen Revolution zu sehen.
Sonderausstellung und Galerie der Moderne
Bei unserem Besuch im Kulturhistorischen Museum Görlitz, war im zweiten Stockwerk der Kaisertrutz die Sonderausstellung „950 Jahre Zukunft Görlitz Zgorzelec“ zu sehen.
In der Ausstellung wird die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der beiden Städte betrachtet. Schwerpunkt ist dabei der Blick auf die Herausforderungen und Chancen, die die Bürgerinnen und Bürger dabei erlebt haben oder auch in Zukunft meistern möchten. Die Besucher können in der Ausstellung ihre Visionen für die Zukunft darstellen und sich Ideen der Entwicklung aus verschiedenen Bereichen immer mit dem Schwerpunkt der deutsch-polnischen Zusammenarbeit ansehen.
Im dritten Stockwerk der Kaisertrutz befindet sich die Galerie der Moderne. Hier kann man beeindruckende Bilder, Grafiken und Bildhauerarbeiten aus dem 20. und 21. Jahrhundert von Künstler sehen, die für Görlitz und die Region von Bedeutung waren.
Barockhaus Neißstraße 30
Im Barockhaus in der Neißstraße befindet sich ein weiterer Ausstellungsbereich vom Kulturhistorischen Museum Görlitz.
Der Kaufmann und Ratsherr Johann Christian Ameiß ließ 1726-1729 in der heutigen Görlitzer Altstadt unweit des Rathauses, direkt an der Via Regia, dieses imposante Wohn- und Geschäftsgebäude errichten. Er war durch den überregionalen Handel mit Damast und Leinwand recht vermögend und wollte dieses mit dem Bau des Hauses auch zeigen.
Heute zählt das Haus zu den besterhaltenen Barockgebäuden der Stadt.
Die Oberlausitzische Gesellschaft der Wissenschaften hatte von 1804 bis 1945 ihren Sitz in dem Gebäude und so ist es nicht verwunderlich, dass hier wahre Schätze an Sammlungen zu besichtigen sind.
Ameiß’sche Wohnung
Im ersten Obergeschoß, der Beletage, tritt man durch eine Tür in die Wohnung der Familie Ameiß. Die Wohnräume sind fast vollständig mit Möbeln ausgestattet, allerdings nicht mit den origignalen Möbeln der Familie, sondern passende Möbel aus der Epoche. Hier sieht man eindrucksvoll, wie das Bürgertum Anfang des 18. Jahrhunderts gelebt hat. Die „repräsentativen Räume“, in die man eingeladen hat, liegen im Vorderhaus. Sie sind groß und auffallend gestaltet. Man zeigte, was man hatte.
Zunächst betritt man die Diele. Von diesem Eingangsbereich der Wohnung können alle weiteren Zimmer erreicht werden. Hier, im Mittelpunkt der Wohnung, wartete man darauf zum Hausherren vorgelassen zu werden. Es wird vermutet, dass die Familie hier auch zu den Mahlzeiten zusammen gekommen ist.
Mich beeindruckt vor allem die Größe der Räume. Besonders schön ist der Stuck an den Decken, der den Räumen einen edlen Charakter verleiht. Sehr selten und recht kostspielig ist die farbige Gestaltung der Gipsmasse des Stucks. Guckt man genauer hin, kann man wunderschöne Ornamente und sogar einige figürliche Darstellungen entdecken.
Der Große Salon liegt vor dem Schlafzimmer, dem Kleinen Salon und dem Arbeitszimmer und diente dem Empfang ranghoher Gäste und Geschäftspartner. Vermutlich nutzte man ihn auch für Familienfeste. Der Kleine Salon im Anschluss diente als Herrenzimmer. Die Gestaltung der Stuckdecke beider Räume ebenso aufwendig, wie im Eingangsbereich der Wohnung. Mir gefallen in diesen repräsentativen Räumen auch die wunderschönen Kachelöfen. Auch, wenn ich diese nicht im Winter heizen möchte, finde ich die Wärme, die durch sie verbreitet werden einfach gemütlich und wohltuend.
Das Ankleidezimmer liegt direkt neben dem Schafzimmer. Hier standen Schränke und Truhen für die Kleidung. Da es sich um einen untergeordneten Bereich der Wohnung handelte, sind sie Stuckdecken weniger auffällig.
Das Schlafzimmer des Hausherren befand sich wahrscheinlich in einem Eckzimmer der Wohnung. Es war recht repräsentativ und dient auch zum Empfang ausgewählter Geschäftspartner.
Der kleinste Raum Raum der Wohnung war das Kabinett. Dieser Raum war rein privat und schlichter gestaltet als die repräsentativen Räume. Hierher zogen sich die Damen des Hauses zurück, lasen oder führten ihre Korrespondenz. In einem Kabinett hingen oft kleinformatige Familienbilder.
Der heute bestehende Durchgang zur Küche ist erst nachträglich entstanden, als man die Wohnung in ein Museum umwandelte. Ursprünglich war die Küche von der Diele aus zugänglich. Hier arbeitete man mit offenem Feuer und laut der Görlitzer Brandschutzordnung musste der Boden mit Ziegelplatten belegt und ein massives Gewölbe vorhanden sein. Die Speisen richtete man hier allerdings nur an, gekocht wurde in denen im Erdgeschoss liegenden Wirtschaftsräumen.
Die Toilette befand sich im Erdgeschoss des Gebäudes.
Dauer- und Kabinettausstellung
Der Schwerpunkt der Dauerausstellung des Barockhauses beschäftigt sich mit der Kunst und Wissenschaft um 1800 und ein großer Schwerpunkt ist dabei die 1779 gegründete Oberlausitzische Gesellschaft der Wissenschaften.
In dem Bereich der Barocken Künste kann man zahlreiche Exponate lokaler, regionaler und auch internationaler Künstler entdecken, wie zum Beispiel Kunstschmiedearbeiten, Prunkwaffen, Gefässe aus Porzellan oder Glas, Grafiken und textile Kunstwerke.
Besonders beeindruckt hat mich die umfangreiche Büchersammlung. 1726 stiftete der Jurist Milich seine private Büchersammlung der Stadt Görlitz und legte damit den Grundstein für die hier zu sehende riesige Sammlung. Später erweiterte man die Sammlung mit Schriften aus alten Klosterbibliotheken und weiteren Stiftungen vermögender Bürger der Stadt.
1951 führte man diese Sammlung mit der Sammlung der 1770 gegründete Oberlausitzischen Gesellschaft zusammen.
Der wohl bekannteste Blick in die Büchersammlung im Barockhaus ist der Blick in den historischen Büchersaal. Der Saal besteht seit 1807, als Karl Gottlob v. Anton seine Sammlung der Oberlausitzer Gesellschaft der Wissenschaften schenkte. Hier stehen fünf riesige Regale, die mit 20.000 Büchern gefüllt sind. Die ersten vier Bücherbögen gehörten zu der ersten Schenkung, der fünfte Bücherbogen kam 1841 dazu.
Der ›Triumphbögen des Wissens‹, ist eine wirklich passende Bezeichnung. Der Blick ist einfach beeindruckend.
Bekannt ist der Blick natürlich auch, weil hier hier schon Filmszenen gedreht worden sind, wie zum Beispiel für „Der Zauberlehrling“ von 2017.
Neben Büchern und Möbeln gibt es aber noch weitere interessante Sammlungen zu sehen. So werden Exponate des Physikalischen Kabinetts, des Literatur- und Musikalienkabinetts, des Altertums- und Naturalienkabinetts ausgestellt. Alles Sammlungen, die Mitglieder der Oberlausitzer Gesellschaft mit viel Begeisterung zusammengetragen haben und mit denen sie sich auch zu Forschungszwecken beschäftigten.
Am Ende des Rundgangs geht man durch einen schwarzen Raum. Dieser Raum wurde lange Zeit von der Görlitzer Freimaurerloge ›Zur gekrönten Schlange‹ genutzt, die hier bis 1865 einen Sitz hatte. Der Schwarze Raum diente der Vorbereitung bei der Aufnahme zur Loge.
Adresse:
Barockhaus
Neißstraße 30
Görlitz
Kaisertrutz
Platz des 17. Juni 1
Görlitz
Öffnungszeiten:
November bis März
Dienstag bis Sonntag 10- 16 Uhr
April bis Oktober
Dienstag bis Donnerstag 10- 17 Uhr
Freitag bis Sonntag 10-18 Uhr
Eintrittspreise:
Barockhaus:
Erwachsene: 6,- €
Kaisertrutz:
Erwachsene: 6,-€
Offenlegung: der Besuch im Kulturhistorisches Museum Görlitz war Bestandteil einer Recherchereise nach Görlitz. Der Beitrag ist unabhängig zu Besuch entstanden.
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