Wir gehören zu den Reisenden, die nicht alles was man besichtigen kann, auch besichtigen müssen. Besonders die immer ähnlich aussehenden Kirchen lassen wir oft links liegen. Bei dem Palais Garnier waren wir uns nicht sicher, ob wir diesen besichtigen sollten. Von außen wirkt das Gebäude eher unspektakulär und es ist halt “nur” ein Opernhaus.
Gut, dass wir uns anders entschieden haben.
Rückblick
Napoleon III. gab den Auftrag dieses Opernhaus zu bauen. Er wählte dazu den Baumeister Charles Garnier aus. 1860 begannen die Bauarbeiten, die sich schnell als sehr schwierig erweisen sollten. Auf dem ausgewählten Grundstück war ein recht hoher Grundwasserspiegel vorhanden, der die Befestigung des Fundamentes erschwerte. Direkt unter dem Gebäude liegt ein unterirdischer See, der noch heute regelmäßig kontrolliert und leergepumpt werden muss. Durch den Krieg von 1870/71 verzögerten sich die Bauarbeiten weiter und erst 1875 konnte das Haus endlich eingeweiht werden.
Garnier hatte sich zum Ziel gesetzt dem Inneren des Opernhauses einen eigenen Stil zu verleihen. Zu der Zeit war der Besuch des Opernhauses ein gesellschaftliches Ereignis, bei dem es darum ging, gesehen zu werden. Also schuf Garnier eine Marmortreppe, das Grand Foyer und einen pompösen Zuschauerraum. Der Zuschauerraum ist in einer Hufeisenform angelegt. So wird die Sicht auf die Bühne schlechter, je weiter man am Rand sitzt, aber die Logen verfügen über eine ausgezeichnete Sicht auf die Bühne.
Im Theatersaal hängt ein etwa 8 Tonnen schwerer Kristall-Lüster und das Deckengemälde wurde von Marc Chagall 1963 neu gestaltet. Das ursprüngliche Deckengemälde liegt hinter dem auf einer Leinwand gestalteten Bild von Chagall.
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Besichtigung des Palais Garnier
Durch einen kleinen Nebeneingang kommt man in den Palais Garnier. Nach dem in Paris obligatorischen Taschencheck, konnten wir an einer sehr leeren Kasse unsere Tickets kaufen. Wir schienen Glück zu haben, oder ist das Palais Garnier einfach nicht so überlaufen?
Über eine Treppe gelangt man zur Grand Escalier. Schon beim ersten Blick ist mir fast der Atem weggeblieben. Ich habe selten etwas so prunkvolles gesehen. Eine hohe Decke, fast wie in einer Kirche hebt sich über den mit verschiedenen Marmorarten gestalten Raum. Eine große doppelläufige Treppe führt hinauf. So ein bißchen erinnert sie mich an eine Treppe in einem Schloss, auf der König und die Königin herabschreiten (wie in einem Märchen). Alles wird erhellt von Kristallleuchtern, es blinkt und blitzt das Gold. Von dieser “Eingangshalle” können so manche Schlösser, die ich bisher gesehen habe ein Beispiel nehmen.
Wir schreiten die Treppe hoch. Ich weiß gar nicht, was ich zuerst bewundern soll, die Leuchter, die Decke oder soll ich einfach nur genießen?
Im ersten Stock kann man eine Loge betreten. Von hier aus hat man einen wunderschönen Blick in den Theatersaal. Auch hier dominieren Marmor, Stuck, Samt und vergoldete Elemente den Raum. Der Blick auf die Bühne ist gerade möglich, es wird an dem Bühnenbild für die nächste Vorstellung gearbeitet.
Mein Blick schweift über die Logen, die Sitzreihen und bleibt schließlich an der Decke hängen. Was für ein Kronleuchter! Er besteht aus Bronze und Kristall und 340 Kerzen erhellen den Theatersaal. Darüber könnte man fast das, so finde ich wunderschöne Deckengemälde von Chagall vergessen.
Es dauert eine Weile, bis ich mich losreißen kann und wir unsere Entdeckungstour durch den Palais Garnier fortsetzen können.
Wir gehen durch die Galiere du Glacier in den Salon du Glacier. Es ist ein halbrunder Raum mit einem Deckengemälde und Gobelins an den Wänden. Im Gegensatz zu dem bisher gesehenen Prunk ein eher nüchterner und kühler Raum.
Aber es gibt noch mehr zu entdecken. Wir betreten das Grand Foyer und stehen vor gedeckten Tischen in einem Raum voller Leuchter, Spiegeln und Vergoldungen. Ein Raum, der für eine Dinnergesellschaft und ein Galaessen geeignet ist. Auch dieser Raum wird durch das Licht der Leuchter und die Reflexionen im Kristall, im Gold und in den Spiegeln in ein nahezu magisches Licht getaucht. Schade, dass man das in Bildern kaum einfangen kann.
Durch eine Tür verlassen wir den prunkvollen Saal und betreten die Bibliothèque-Musée de l’Opéra. Hier stehen in dunklen Bücherregalen Sammlungen von 3 Jahrhunderten Theatergeschichte.
Über eine Treppe und die Galerie de l’Orchestre verlässt man aus dem Opernhaus wieder.
Was für eine Besichtigung! Ich bin froh, dass wir uns entschlossen haben, nicht von dem unspektakulären Äußeren des Hauses auf das Innere zu schließen. Wir hätten etwas verpasst.
Ein kleiner Nachtrag
Das Opernhaus ist der Orginalschauplatz der Geschichte “Phantom der Oper”.
Während der ersten Aufführung in dem Palais Garnier, waren im Opernhaus merkwürdige Geräusche aus dem Untergrund zu hören. Im Mai 1896 stürzte aus völlig ungeklärten Gründen ein Gegengewicht des Leuchters im Zuschauerraum herunter und tötete die Concierge Madame Chomette aus der Rue Rochechouar. Diese Ereignisse verunsicherten die Theaterleute und es entstand der Mythos eines “Operngeistes”, der in den labyrinthartigen Gängen unter dem Gebäude lebte. Der unterirdische Grundwassersee soll von ihm mit seiner Barke befahren worden sein.
Adresse:
8 Rue Scribe,
75009 Paris,
Frankreich
Öffnungszeiten für Besichtigungen:
September – Mitte Juli: 10 – 17 Uhr
Mitte Juli – September: 10 – 18 Uhr
Eintrittspreis für Besichtigungen:
Erwachsene: 11,-€ (12,-€ wenn eine zusätzliche Ausstellung im Gebäude vorhanden ist)
Es werden Ermäßigungen angeboten.
Es besteht die Möglichkeit, einen kostenpflichtigen Audioguide auszuleihen.
Nicole
Sehr schöner Bericht, diese Oper ist wirklich eine der schönsten der Welt !