Rund um Pilsen liegen zahlreiche ehemalige Klosteranlagen, die heute zu einem Besuch einladen. Jedes Kloster hat etwas besonderes und viele Anlagen sind architektonisch betrachtet einmalig. Das Kloster Plasy zählt zu den größten Klosteranlagen der Region.
Das Kloster Plasy liegt im Bezirk Pilsen-Nord und ist in gut 30 Minuten mit dem Auto erreichbar. Es gibt auch die Möglichkeit, mit dem Bus dorthin zu fahren (Dauer etwa 50 Minuten). Das Außengelände ist öffentlich zugänglich. Wer in die Gebäude gehen möchte, kann an einer kostenpflichtigen Führung teilnehmen. Einige Bereich werden als Ausstellungsbereiche genutzt.
Klostergeschichte
Das Zisterzienserkloster ist 1146 vom Prinzen Wladislaw II. gegründet . Die Zisterzienser, ein Mönchsorden, der im 11. Jahrhundert in Cîteaux, Frankreich, gegründet wurde, waren bekannt für ihre strenge Regel und ihren Beitrag zur Verbreitung des Christentums und der Kultur in Europa. Sie spielten eine entscheidende Rolle bei der Kolonisierung und Kultivierung der Regionen, in denen sie tätig waren. 1204 war das erste Gebäude aus Stein, die romanische Klosterbasilika, fertig errichtet. Im Mittelalter entwickelte sich das Kloster aufgrund der guten wirtschaftlichen Lage zu einem der wichtigsten und auch recht großen Konvent im Königreich Böhmen.
Das Kloster brannte bei den Hussitenkriegen nieder. Der Besitz wurde an mehrere Adelige verteilt, die sich für das Gelände nicht wirklich verantwortlich fühlte. Die Anlage verfiel immer mehr. Erst ab 1621 bekam das Kloster seinen Besitz nach und nach zurück und erwachte wieder zum Leben.
Im Laufe der Jahre hat man das Kloster oft umgebaut. Besonders umfangreich waren diese Arbeiten in der Zeit von 1685-1740. In dieser Zeit waren Baumeister wie Jean Baptiste Mathey, Jan Blažej Santini-Aichel und Kilian Ignaz Dientzenhofer an den Arbeiten beteiligt. Es entstanden ein Speicher mit einem Turm, die Prälatur und der Konvent. Auch die Klosterkirche wurde im Stil des Barock umgestaltet.
Im Zuge der Josephinischen Reformen Ende des 18. Jahrhunderts, die unter Kaiser Joseph II. von Österreich eingeführt wurden, erlebte das Klosterwesen in den Habsburgischen Ländern einen starken Rückgang. Viele Klöster, darunter auch Plasy, wurden säkularisiert. Das heißt, sie verloren ihren religiösen Charakter und wurden enteignet.
Von 1826 – 1945 gehörte dem Fürstenhaus von Metternich das Kloster. Es entstand ein Kulturzentrum. 1945/46 übernahm der Staat das Anwesen. In dieser Zeit wurden wertvolle historische Gegenstände des Familie vernichtet, beschädigt, verkauft oder entwendet.
Im Sozialismus übernahm der Staat das Gebäude. Eine zeitlang nutze man die Gebäude noch, dann verfielen sie zusehends.
Seit 1993 restauriert man den Gebäudekomplex. Heute ist das Kloster Plasy ein nationales Kulturerbe und ein beliebtes Touristenziel. Es beherbergt verschiedene Ausstellungen, die sich mit der Geschichte des Klosters, der Zisterzienser und der tschechischen Geschichte im Allgemeinen beschäftigen.
Kloster Plasy: Klosterkirche
Die Klosterkirche von Plasy, auch Konventkirche Mariä Himmelfahrt genannt, ist ein wichtiger Bestandteil des Klosterkomplexes und repräsentiert dessen geistiges und religiöses Zentrum.
Die Kirche wurde ursprünglich im romanischen Stil erbaut, als das Kloster im 12. Jahrhundert gegründet wurde. Im Laufe der Zeit wurde die Kirche jedoch mehrmals umgebaut und erweitert. Ihre derzeitige barocke Erscheinung erhielt die Klosterkirche im 18. Jahrhundert, insbesondere durch die Arbeit von Jean Baptiste Mathey und später durch Kilian Ignaz Dientzenhofer. Auch Santini-Aichel, der für seinen einzigartigen Stil der “Barockgotik” bekannt ist, hat die Kirche in Plasy im 18. Jahrhundert umgebaut. Seine Arbeit kombiniert barocke Formen und Strukturen mit gotischen Motiven, was zu beeindruckenden architektonischen Werken führt. Sein Ansatz zur Gestaltung von Innenräumen, bei dem er oft komplexe geometrische Muster und Formen verwendet, ist auch in dieser Kirche deutlich zu erkennen.
Die Kirche beherbergt zahlreiche Kunstwerke, darunter Gemälde, Skulpturen und Altaraufsätze. Einige der bemerkenswertesten Kunstwerke sind die Fresken an der Decke, die Szenen aus dem Leben der Jungfrau Maria darstellen.
Der Kapitelsaal
Wir treten in einen großen sehr hohen Raum. Hier versammelten sich einst die Mönche zu besonders festlichen Anlässen und am Morgen, um aus der Benediktsregel laut vorzulesen. Dabei saßen sie auf Bänken am Rand des Saals, denn dort herrschte die beste Akustik.
Eine hohe Kuppel erhebt sich über mir und während ich noch das Bild in über 27 Meter Höhe betrachte, beginnt unser Guide mit seinen Erklärungen. Dabei muss er auf eine ganz merkwürdige Art reden, denn in dem Raum gibt es einen Widerhall. Dieser dauert gut 10 Sekunden und so sagt er immer nur 2-3 Worte, wartet ab und spricht nachdem der Hall verklungen ist weiter. Ich frage mich, wie die Mönche hier miteinander reden oder diskutieren konnten. Es muss doch ein heilloses Stimmengewirr gewesen sein.
Bibliotheksaal
Klöster und das Thema Bücher gehören zusammen. Viele Jahre waren die Mönche die einzigen Personen, die lesen und schreiben konnten. In oft hervorragend ausgestatteten Bibliotheken sammelten sie ihr Wissen.
Im Kloster Plasy gab es natürlich auch eine Büchersammlung. Etwas Mitte des 18.Jahrhunderts sollen die Mönche mehr als 12000 Bücher dort gelagert haben. Heute gibt es nur noch einige originale Bücherschränke. Mitte des 19. Jahrhunderts hat die Familie Metternich den Raum leider so umgestaltet, dass dort Theater- und Musikveranstaltungen stattfinden konnten. Nach der Auflösung des Klosters hat man Teile der Bücher in andere Klöster gebracht. Ein anderer Teil der Bücher fiel 1894 einem verheerenden Brand zu Opfer.
Der Saal darf nicht betreten werden, aber von der Tür aus hat man einen guten Blick in den Raum. Zwischen den Fenstern hängen einige Bilder, die die Äbte des Klosters zeigen. Mir gefällt besonders der große Globus mitten im Raum und die wunderschöne Deckengestaltung.
Santinis berühmte Wendeltreppe
Als wir einen Gang vom Konvent zum Spitalflügel entlang gehen, werden wir auf ein Treppenhaus hingewiesen. Hier hat Santini seine berühmte Wendeltreppe geschaffen.
Die Wendeltreppe im Konvent von Plasy ist ein herausragendes Beispiel für Santinis Fähigkeit, innovative und kreative Lösungen für architektonische Herausforderungen zu finden und dabei Kunstwerke von bleibender Schönheit und Bedeutung zu schaffen.
Die Treppe ist ein freitragendes Bauwerk ohne Mittelsäule, was für die Zeit der Entstehung eine bemerkenswerte technische Errungenschaft war. Dieses Design gibt der Treppe ein Gefühl der Leichtigkeit und Eleganz. Sie windet sich spiralförmig empor und schafft dabei ein Spiel aus Licht und Schatten, das durch die umliegenden Fenster und die Struktur der Treppe selbst hervorgerufen wird.
Dieses oval angelegte Meisterstück ist nicht nur eine Treppe, sondern auch ein Lüftungsschacht. Werden in der oberen Etage die Fenster geöffnet, strömt die warme Luft rein und drückt die kalte Luft nach unten. Ich habe gelesen, dass die Treppe eine von 4 selbsttragend Treppen im Konvent ist.
Ich finde den Blick in das Treppenhaus einfach toll!
Kloster Plasy und das Plasser Pulver
Die Zisterzienser sind bekannt für ihre Kenntnisse im Bereich der Krankenpflege. Auch im Kloster Plasy gab es einen Krankentrakt, in dem aber hauptsächlich kranke Mönche behandelt wurden. Die Spitalkirche war nur mit kleinen Fenstern mit den angrenzenden Räumen verbunden. Diese öffnete der Priester ausschließlich während des Gottesdienstes, um eine Ansteckung möglichst zu vermeiden.
Besonders gut hat mir die Apotheke gefallen. Berühmt wurde die Klosterapotheke durch das Plasser Pulver, dass hier hergestellt wurde. Die Heilquellen und Mineralien in der Umgebung von Plasy waren bereits im Mittelalter bekannt. Die Mönche des Zisterzienserklosters in Plasy nutzten dieses Wissen und erforschten die heilenden Eigenschaften des Wassers und der Mineralien. In diesem Zusammenhang entdeckten sie das “Plasser Pulver”.
Es handelt sich dabei um ein weißes Mineralpulver das unter anderem aus Alaunschiefer besteht, dass gegen Magen-, Darm- und Gallenbeschwerden helfen, aber auch Hautkrankheiten heilen soll. Das Pulver wird bis heute nach dem ursprünglichen Rezept von Lukas Martin Gottlieb hergestellt.
Fast hätte ich sie übersehen. Hier gibt es auch noch eine barocke Toilette. Von dem „Donnerbalken“ fällt alles in einen künstlichen Kanal, der seinen Wasserzulauf aus dem Fluss Strela hat.
Das Wassersystem im Kloster Plasy
Das Kloster Plasy ist berühmt für sein ausgeklügeltes Wassersystem. Dieses System, das im Laufe der Jahrhunderte entwickelt und optimiert wurde, ist ein beeindruckendes Beispiel für die technischen Fähigkeiten und den Innovationsgeist der Mönche sowie der beteiligten Ingenieure und Architekten. Jean Baptiste Mathey hat die grundlegenden Arbeiten am Wassersystem von Plasy im 17. Jahrhundert durchführte. Santini-Aichel war im 18. Jahrhundert für die Weiterentwicklung und Verschönerung zuständig.
Das Gebäude wurde in der Flussaue errichtet. An einem Wasserbecken stehend erfahre ich, dass das Fundament des Konvents auf behauene und abgebrannte Eichenholzpfählen steht. Insgesamt sollen es über 5000 Stämme sein, die dazu in den Boden eingelassen worden sind. Die Stämme müssen immer im Wasser stehen, damit sie nicht verrotten und in sich zusammenstürzen.
Um den Wasserbedarf des Klosters zu decken und die Eichenpfeiler ständig nass zu halten, wurde ein umfangreiches System von Kanälen, Wassergräben und Teichen angelegt. Dieses Netzwerk diente nicht nur der Stabilisierung der Gebäude, sondern auch anderen Zwecken wie Fischzucht, Mühlbetrieb und als dekoratives Element in den Gärten des Klosters. Die Mönche und Architekten mussten sich beim Bau auf Beobachtung, Erfahrung und einfache Werkzeuge verlassen, um dieses komplexe System zu schaffen.
Das Wassersystem des Klosters Plasy ist heute nicht nur ein technisches Denkmal, sondern auch ein wichtiges ökologisches Reservoir. Die Teiche und Kanäle bieten Lebensräume für eine Vielzahl von Pflanzen und Tieren.
Adresse:
Plzeňská 2,
331 01 Plasy
Der Besuch im Kloster Plasy war ein Programmpunkt einer Pressereise mit Pilsen Region und Pilsen-Tourismus.
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