Im Frühling und im Herbst hört man sie schon von weitem. Wenn ein trompetenähnlicher Laut zu hören ist, ist es Zeit Kraniche in der Mecklenburgischen Seenplatte zu beobachten.
Wer einmal den Zug der Kraniche beobachtet hat, den wird es immer wieder zu diesem besonderen Naturschauspiel ziehen. Wir waren passend zum Kranichzug in der Mecklenburgischen Seenplatte unterwegs und haben uns zu den Übernachtungsplätzen der Vögel begeben.
Was man über Kraniche wissen sollte
Der Kranich ist mit seinen bis zu 130 cm Körpergröße ein recht großer Vogel. Aufgrund seiner sehr langen Beine und des langen Halses wird er auch als Schreitvogel bezeichnet.
Das Gefieder ist hellgrau mit vielen verschiedenen Abstufungen. Der Schwanz und die Schwingen haben schwarze Federn. Die Flügelspanne kann bis zu 245 cm betragen.
Auf dem Kopf trägt er eine rote federlose Kappe. Sehr charakteristisch ist auch die schwarz-weiße Kopf-und Halszeichnung. Der keilförmige Schnabel ist über 10 cm lang.
Wer den Ruf des Kranichs einmal gehört hat, wird ihn so schnell nicht vergessen. Besonders markant sind die lauten trompetenartigen Warn- und Flugrufe.
In der Paarungszeit gibt der Kranich einen Duettruf ab, der durch eine Reihe abgestimmter Tonfolgen gekennzeichnet ist und vom Partner beantwortet wird.
Kraniche stehen meistens in größeren Gruppen zusammen. Bevor ein Tier los fliegt, streckt es etwa 10-20 Sekunden den Kopf und den Hals bogenförmig in die Flugrichtung aus. Es werden die charakteristischen trompetenähnlichen Töne ausgestoßen, um den Abflug der Gruppe zu synchronisieren. Der Kranich nimmt einige Schritte Anlauf und stößt sich dann vom Boden ab. Im Flug streckt der Vogel den Hals lang nach vorne, die Beine sind lang nach hinten ausgestreckt.
Kraniche können bis zu 2000 Kilometer ohne Pause fliegen. Dabei gleiten sie oft wie ein Segelflugzeug auf den Luftströmungen. Normalerweise werden aber nur 10 bis 100 Kilometer mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 45-65 km/h zurück gelegt.
Kraniche zeigen ein Verhalten, dass stark an einen Tanz erinnert, wenn sie in der Balz sind oder sich sehr aufregen. Sie strecken die Köpfe und Schnäbel hoch in die Luft und rufen trompetenartig. Manchmal sieht man sie auch noch die Flügel abspreizen und aufgeregt stolzieren.
Kraniche brüten im Nordosten von Europa und im Norden von Asien. Bevorzugte Gebiete im deutschen Raum liegen im Norden und Osten. Besonders gut kann man den Kranich zum Beispiel an den Seen in Brandenburg und der Mecklenburgischen Seenplatte beobachten.
Die Vögel leben und brüten in Feuchtgebieten und Mooren. Die Nester liegen am Boden. Zur Nahrungssuche begeben sie sich auf landwirtschaftlich genutzte Felder oder Wiesen, auf denen sie auch Rast machen. Zur Übernachtung ziehen die Tiere sich in Gewässer mit niedrigem Wasserstand zurück.
Kraniche fressen tierische und pflanzliche Produkte. Im Frühjahr, während der Rast beim Vogelzug nach Norden, ernähren die Vögel sich hauptsächlich von Saatgut auf den Feldern. Im Frühsommer stehen dann auch Insekten und kleinere Wirbeltiere auf dem Speiseplan. Bevor der Rückflug in die Überwinterungsgebiete ansteht, werden Ernterückstände und Saatgut bevorzugt und im Winterquartier ernährt sich der Kranich von Früchten der Stein- und Korkeiche und Sonnenblumenkernen.
Schon kurz bevor die Kraniche überhaupt zu ihrem Vogelzug aufbrechen, werden die Tiere bereits unruhig. Die beginnen zu tanzen, rufen ihre trompetenartigen Töne und sind auch nachts sehr unruhig. Setzten dann die Temperaturveränderungen ein und steht der Wind richtig, starten die Vögel.
Der Kranichzug besteht aus Vogelgruppen, die sich aus Paaren oder kleinen Familien zusammensetzen. Geflogen wird meistens in Keilformation, in Winkel oder schrägen Reihen. Dabei verständigen sich die Tiere mit ihren Rufen.
Der Flug bis zum Zielort wird in der Regel in Etappen absolviert und so kommt es zu Zwischenstopps bei denen sich mehrere Gruppen sammeln. Die Rastplätze bestehen aus gut gelegenen Schlafquartieren und großzügigen Flächen für die Nahrungsaufnahme. Hier bleiben die Tiere oft einige Zeit, fressen sich Kraft für den Weiterflug an und starten dann wieder wetterabhängig zur nächsten Etappe.
Kraniche beobachten in der Mecklenburgischen Seenplatte
Anfang Oktober ist die ideale Zeit, um Kraniche zu beobachten. Wir haben uns an der Müritz den Kranichen auf zwei völlig unterschiedliche Arten genähert – zu Fuß und per Schiff, einmal früh morgens und einmal abends. Ich kann nicht sagen, ob mir eine Variante besser gefallen hat als die andere, ich fand es einfach nur beeindruckend und unbeschreiblich schön!
Morgendliches Kraniche beobachten in der Mecklenburgischen Seenplatte
Ich bin kein begeisterter Frühaufsteher und als der Wecker morgens um 4:30 Uhr klingelte war meine Laune ehrlich gesagt nicht gerade auf dem Höhepunkt. Der Blick aus dem Fenster zeigte zum Glück keinen Regen aber besonders warm war es mit 4 Grad auch nicht.
Wir wollten vor dem Sonnenaufgang mit dem Auto die gut 40 Minuten lange Fahrt nach Gneve geschafft haben, es wartete noch ein kleiner Spaziergang von etwa 20 Minuten auf uns, bis wir einen Aussichtspunkt erreichen würden. Ja und wer Kraniche morgens losfliegen sehen will muss vor Sonnenaufgang seinen Aussichtspunkt erreicht haben.
In Gneve gibt es einen kleinen Parkplatz und von dort aus läuft man in Richtung Gneve Aussichtsturm. Wer will, kann schon hier stehen bleiben, es lohnt sich aber durchaus noch etwas weiter zu laufen. Auf einer kleinen Anhöhe stehen einige Bänke und ein kleiner Picknickplatz (überdacht) bietet den idealen Aussichtspunkt auf die Halbinsel Großer Schwerin. Die Halbinsel ist ein Vogelschutzgebiet und hier im seichten Wasser übernachten die Kraniche ungestört.
Die Tiere starten nicht immer in die gleiche Richtung, das hängt unter anderem von der Windrichtung ab, aber die Wahrscheinlichkeit, dass sie in die Richtung dieses Aussichtspunktes fliegen ist recht groß.
Wir waren kaum an unserem Beobachtungspunkt angekommen, da erhoben sich auch schon die ersten Gruppen mit ihrem charakteristischen Trompeten. Zunächst standen wir sehr offen auf dem Hügel. Was ich nicht wusste, dass Kraniche sehr gut sehen können. Sie nehmen uns Menschen am Boden wahr, sehen uns als Bedrohung an und wenden lautstark ihre Flugbahn ab. Wer sich also etwas versteckt hält, unauffällige Kleidung trägt und schön leise ist kann das Glück haben, dass die Kraniche sehr nah vorbei fliegen.
Fast eine Stunde lang erhoben sich immer wieder einzelne Gruppen von Kranichen und zogen los, um auf den Feldern in der Umgebung Nahrung zu suchen. Danach wurde es am Himmel etwas ruhiger und bei einem Blick über die Felder stellte ich fest, dass inzwischen auch die Rehe auf den abgeernteten Feldern auf Nahrungssuche unterwegs waren und erschrocken das Weite suchten, als sie uns entdeckten.
Kranichtour mit der Weißen Flotte
Wird es Abend an der Mecklenburgischen Seenplatte, kehren die Kraniche zu ihren Übernachtungsplätzen zurück. Wir sind mit einem Schiff der Weißen Flotte zu einer abendlichen Kranichtour von Waren aus aufgebrochen, um dieses Schauspiel erleben zu können.
Die Weiße Flotte bietet die Kranichtouren im Herbst an einigen Tagen in der Woche an. Je nach Witterung und Sonnenuntergangszeitpunkt starten die Touren zu unterschiedlichen Zeitpunkten. Unsere Tour ging um 16.30 Uhr von Waren aus los und sammelte noch einige Passagiere an zwei weiteren Haltepunkten in Klink ein.
Warm angezogen haben wir uns zwei Plätze auf dem oberen Deck gesucht. Während der Fahrt, die uns zur Halbinsel Großer Schwerin führte, erzählte ein Naturführer etwas über die Müritz, die heimische Vogelwelt und natürlich über die Kraniche. Ich habe es bisher selten erlebt, dass auf einen „Ausflugsboot“ während einer Fahrt eine solche Ruhe geherrscht hat. Ich glaube es gab keinen an Deck, der nicht vollkommen begeistert den Ausführungen gelauscht hat. So eindrucksvoll und mitreißend habe ich selten jemand über Natur reden hören.
Die Fahrt bis zur Halbinsel dauerte etwa eine Stunde. Dort angekommen positionierte der Kapitän das Schiff so, dass wir einen hervorragenden Blick auf das Naturschutzgebiet hatten. Die Sonne verschwand immer mehr und dann waren sie zu hören. Die trompetenartigen Rufe kündigten die Kranichschwärme schon von Weitem an. Und dann flog eine Kranichgruppe nach der anderen ein und landete zunächst auf der Halbinsel. Das Land füllte sich immer mehr, überall standen die Tiere und neue Gruppen suchten dazwischen den Platz für ihre Landung. Erst nach und nach liefen die Tiere in das seichte Wasser vor der Halbinsel, um hier ungestört die Nacht verbringen zu können.
Was mich sehr erstaunt hat, die Tiere, die morgens vor uns Menschen einen großen Bogen gemacht haben, schienen uns auf dem Schiff nicht als Gefahr wahr zu nehmen. Sie flogen zum Teil direkt über das Schiff und veränderten dabei nicht ihre Flugbahn.
Wir haben gut eine Stunde die Vögel beim Aufsuchen ihres Übernachtungsquartiers beobachtet. Dann kamen immer weniger Tiere an und der Kapitän begann mit der Fahrt zurück nach Waren. Auch diese Fahrtzeit verging durch die spannenden Erzählungen des Naturführers wie im Flug und bei vollkommender Dunkelheit legte das Schiff schließlich wieder in Waren an.
Wo kann man noch Kraniche entdecken?
In der Mecklenburgischen Seenplatte kann man Kraniche sehr gut unter fachkundiger Führung beobachten. Von Federow aus bietet der Nationalparkservice eine 4 Kilometer lange Führung an, die zu einem Beobachtungspunkt in der Nähe der Übernachtungsplätze am Rederangsee führt. Die Karten sollte man rechtzeitig kaufen, die Touren sind sehr begehrt.
Aber auch ohne fachkundige Führung sollte man zur Kranichzeit einen Blick auf die Felder der Umgebung werfen. Wir haben immer wieder Gruppen von Kranichen dort stehen sehen. An einigen Stellen konnten wir sogar anhalten und vom Auto aus die Tiere beobachten. Man sollte es vermeiden, sich den schreckhaften Tieren zu nähern. Sie würden ihre Futteraufnahme unterbrechen und können so nicht ausreichend Kraftreserven anfuttern, um sie auf die weitere Reise in die Überwinterungsgebiete machen zu können.
Offenlegung: Die Kranichbeobachtungstourenwaren Bestandteil einer Recherechreise. Der Bericht entspricht unseren Eindrücken und ist unabhängig zur Reise entstanden.
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