Eine Stadtbesichtigung ganz anderer Art kann man bei einer Motorbootfahrt durch Leipzig erleben. Gemütlich auf den Wasserstraßen der Stadt unterwegs, haben wir das Grüne Leipzig genossen.
Nicht weit von der Leipziger Altstadt entfernt liegt der Stadthafen Leipzig. Zur Zeit wird hier kräftig gebaut, damit bald ein größeres Hafenbecken mit mehr Bootsanlegern zur Verfügung steht. Die Umbauten sollen 2026 abgeschlossen sein und dann werden wir uns das Ergebnis angucken. Aber zum Glück waren wir bereits nach wenigen Minuten weit von der Baustelle entfernt und konnte die ruhige wunderschöne Flusslandschaft genießen.
Im Stadthafen lagen die Elektromotorboote mit den Namen Johann Sebastian Bach, Clara Schumann und Robert Schumann, die ihre Namen von bekannten Leipziger Persönlichkeiten bekommen haben. Die baugleichen recht breiten Boote verfügen über zwei lange Sitzbänke und einen breiten Tisch in der Mitte. Der Kapitän, der gleichzeitig auch der Tourguide ist, steht am Heck des Schiffes und steuert es in einem Rundkurs über den Elstermühlgraben, die Weiße Elster und Karl-Heine-Kanal zurück in den Stadthafen. Nebenbei verkauft er Getränke und erzählt Anekdoten und Geschichten zum Leben rund um die Strecke.
Los geht die Motorbootfahrt durch Leipzig
Auch wenn der Himmel fast wolkenlos war, es war mit knapp 8 Grad recht kalt, als wir auf die morgendliche Abfahrt warteten. Zum Glück gab es Sitzkissen, eine Decke hätte ich zwar auch gut gefunden, darauf musste ich allerdings verzichten.
Pünktlich legten wir, nach einigen Sicherheitshinweisen ab und ich genoss die Ruhe. Den Elektromotor hört man kaum, nur das Wasser plätschert am Schiffsrumpf.
Gleich vor der zweiten Brücke verlangsamte sich das Boot. Diese Brücke ist so flach, dass wir unsere Köpfe auf die Tischplatte legen mussten, damit wir bei dem recht hohen Wasserpegel durchfahren konnten. Alle anderen Brücken, die wir während der Fahrt passiert haben, waren höher und wir konnten problemlos sitzen bleiben.
Elstermühlgraben
Die Fahrt führt zunächst durch den Elstermühlgraben. Der Graben ist ein etwa 4000 Meter langer, heute zum Teil unterirdisch verlaufender Mühlkanal, der als künstlicher Nebenarm der Weißen Elster seit mehr als 800 Jahren existiert.
Angelegt worden ist der Graben im 12.Jahrhundert, um das regelmäßig auftretende Frühlingshochwasser zu regulieren und den Betrieb der Mühlen gewährleisten zu können. Noch bis etwa 1850 lag der Graben noch außerhalb des Leipziger Stadtgebiets. Erst mit der Ausdehnung des Stadtgebietes wurden die Bereiche am Ufer zum Teil bebaut.
Im 20. Jahrhundert, bedingt durch immer mehr Industrieansiedlungen rund um die Leipziger Flüsse, fing die Stadt an diese zu überwölben (überbauen). Auch der Elstermühlgraben war von dieser Maßnahme betroffen. Seit 2004 ist ein etwa 1000 Meter langer Abschnitt wieder geöffnet. Die Uferlandschaften hat man renaturiert und so eine Verbesserung für die Anwohner und einen zusätzlichen Hochwasserschutz geschaffen.
Heute ist der Elstermühlgraben ein Nebenarm des Elsterflutbetts und geht dann am Palmengartenwehr in die Weiße Elster über.
Während der Fahrt entlang des ersten Abschnitts unserer Motorbootfahrt in Leipzig fällt uns eine Villa am Ufer auf. Ein Schild am Uferrand klärt auf, dass es sich hierbei um die Villa Baedeker handelt. Liebhabern von Reiseführern wird der Name etwas sage. Es handelt sich um die Stadtvilla, in der einst die Verlegerfamilie Baedeker wohnte. Die Familie ist heute für ihre Reiseführer weltweit bekannt. Das Gebäude diente nach dem Zweiten Weltkrieg auch als Ausweichquartier für die Verlagsgeschäfte, da der Firmensitz zerstört worden war. Erst 1945 verlegte die Familie aufgrund zunehmender Repressalien der sowjetischen Besatzungsmacht ihre Geschäfte nach Westdeutschland und zog wenig später aus dem Haus aus.
Palmenwehr
An dem Ort, an dem der Elstermühlgraben in die Weiße Elster fließt, befindet sich ein eindrucksvoller Brückenbau, das sogenannte Palmenwehr. Der Leipziger Architekt Wünschmann hat diesen Bau entworfen, der 50 Meter lang und 5 Meter breit ist.
Zwei Rundbogen-Öffnungen lassen das Wasser an Walzen vorbei fließen. In der Mitte befindet sich das Schützenhäuschen, in dem der Antriebsmechanismus für die Walzen steht.
Das Motorboot passiert das Palmenwehr und fährt weiter in die Weiße Elster.
Weiße Elster
Die Weiße Elster entspringt im tschechischen Elstergebirge und hat eine Länge von 257 Kilometern. Sie fließt zum Beispiel durch Plauen, Gera und Leipzig. In der Nähe von Halle mündet der Fluss in die Saale.
Anfangs ist der Uferbereich sehr grün und wir konnten einige Flussbewohner sehen.
Später ändert sich das Bild. Die Weiße Elster führt durch ein Gebiet, dass durch hohe Gebäude direkt in Ufernähe geprägt ist. In den ehemaligen Fabrikgebäuden, die mich sehr an die Speicherstadt in Hamburg erinnern, befinden sich heute hauptsächlich Wohnungen. Hier auf dem Balkon direkt am Wasser zu sitzen, ist bestimmt wunderschön.
Karl-Heine-Kanal
Noch während ich mir die Gebäude am Ufer des Flusses anschaue, verringert sich die Geschwindigkeit des Boots. Erst als wir darauf aufmerksam gemacht werden, entdecke ich einen Kanal, der an dieser Stelle nur etwas breiter als das Boot ist. Hier werden wir in den Karl-Heine-Kanal abbiegen und an dieser Stelle komme ich mir wirklich vor wie in Klein-Venedig.
Der Karl-Heine-Kanal ist ein künstlicher Wasserlauf, der 1856 erbaut worden ist. Er ist etwa 3,3 Kilometer lang und verbindet den Lindenauer Hafen mit der weißen Elster. Da der Zufluss zur Weißen Elster so schmal ist, können nur kleine Boote den Kanal befahren.
Eins der interessantesten Gebäude am Kanal stammt von dem Leipziger Architekten Manfred Denda und steht auf einer alten Eisenbahnbrücke. Es hat die Form eines Schiffes und diente einige Jahre dem MDR als Sendestudio für die bekannte Talkshow Riverboat. Das Gebäude trägt bis heute den Namen, auch wenn es inzwischen nicht mehr als Fernsehstudio genutzt wird.
Als wir ein ehemaliges Fabrikgebäude, das sogenannte Stelzenhaus erreichen, wendet der Kapitän das Motorboot. Die Hälfte der Zeit ist um, es geht auf dem gleichen Weg zurück in den Stadthafen Leipzig.
Lust auf eine Tour?
Vom Stadthafen Leipzig aus werden verschiedene Touren mit dem Motorboot durch Leipzig angeboten.
Wir sind folgende Tour mitgefahren:
Klein-Venedig Tour – Dauer 70 Minuten
Weitere Touren:
Kleine Auwald Tour – Dauer 120 Minuten
Große Auenwald Tour – Dauer 180 Minuten
Lindenauer Hafen Tour – Dauer 150 Minuten
Besucherinformationen
Adresse
Stadthafen Leipzig
Schreberstraße 20
04109 Leipzig
Anfahrtsmöglichkeiten
Mit der Tram
Linie 1,2,8,14 Haltestelle Westplatz
Zu Fuß
Zugang über Elstermühlgraben oder Willmar-Schwabe-Straße
Mit dem Auto
Erreichbar über Käthe-Kollwitz-Straße
Fahrpreise
Klein-Venedig Tour: 16,-€ pro Person, Abfahrtszeiten täglich alle 90 Minuten
Kleine Auwald Tour: 22,-€ pro Person, Abfahrtszeiten Montag, Mittwoch, Freitag
Große Auenwald Tour: 30,-€ pro Person, Abfahrtszeiten Montag, Mittwoch, Freitag
Lindenauer Hafen Tour: 28,-€ pro Person, Abfahrtszeiten Freitag
Die genauen Termine und Abfahrtszeiten finden Sie auf der Webseite des Anbieters.
Die Motorbootfahrt durch Leipzig war ein Programmpunkt einer Pressereise nach Leipzig.
Schreibe einen Kommentar