Einfach ist sie nicht zu finden, die Alte Synagoge Pilsen. Wir hatten vorab nicht genauer nachgelesen und sind so bestimmt zweimal am Eingang vorbei gelaufen. Ein großer grüner Punkt auf der Straße weist auf die Sehenswürdigkeit hin, aber wenn man auf der „falschen“ Straßenseite unterwegs ist, sieht man diesen natürlich nicht.
Dass die Synagoge versteckt in einem Hinterhof liegt, damit hatten wir nicht gerechnet. Nachdem wir den Eingang entdeckt hatten, traten wir in einen Hof voller Ruhe und Harmonie ein. Fast ehrfürchtig standen wir schließlich vor dem Gotteshaus und obwohl wir hier offensichtlich ganz alleine waren, flüsterten wir nur.
Die Alte Synagoge Pilsen wird von der jüdischen Gemeinde für Gottesdienste genutzt und kann deshalb auch nur zu Gottesdienst freien Zeiten besichtigt werden.
Geschichte der Synagoge
1857 legte die jüdische Gemeine den Grundstein für den Bau der Synagoge. Nach zwei Jahren Bauzeit war der Bau für 250 Gläubige fertig gestellt. Schnell zeigte sich, dass der Platz im Gotteshaus nicht ausreichte und 1875 baute man eine Hilfssynagoge direkt daneben, die auch als Schule genutzt wurde.
1888 begann man die Große Synagoge in Pilsen zu errichten. Die Gemeinde zog in den größeren Bau um und nutzte die Alte Synagoge nur noch als Lagerraum. Gut möglich, dass das die Zerstörung in der Zeit der deutschen Besatzung verhinderte. Viele der Pilsner Juden fielen den Holocaust zum Opfer und nur wenige kehrten in die Stadt zurück. 1968 kam es zu einer Auswanderungswelle in der jüdischen Gemeinde von Pilsen. Die Alte Synagoge verfiel zusehends.
2010 begann man im Rahmen des Zehn-Sterne-Projekts mit der Wiederherstellung jüdischer Denkmäler in Tschechien. Die Alte Synagoge Pilsen wurde saniert und kann heute von der kleinen jüdischen Gemeinde der Stadt genutzt werden.
Alte Synagoge – eine Besichtigung
Man betritt das Gebäude durch das Haus des Synagogendieners (Schammeshaus), in dem sich die Information und Kasse befindet. Der Raum wird auch für kleine Veranstaltungen genutzt.
Nachdem Patrick eine Kippa erhalten hatte konnten wir unseren Rundgang beginnen.
Durch eine kleine Seitentür betritt man die Alte Synagoge Pilsen. Die Haupthalle wird von einer zweistöckigen Frauengalerie aus Holz umgeben. In Synagogen ist die traditionelle Raumaufteilung so, dass sich die Männer im Erdgeschoss aufhalten und Frauen in den Galerien sitzen. Der Toraschrein wurde von 2010 bis 2014 renoviert und mit dekorativen Gipselementen verziert, er befindet sich an der Ostseite der Synagoge.
Nachdem wir uns zunächst in der Haupthalle etwas umgeguckt hatten, sind wir über eine enge ausgetretene Wendeltreppe in die Galerien gestiegen. In beiden Stockwerken befindet sich eine Ausstellung. Im ersten Stock erfährt man etwas zu der Geschichte der Juden in der Region rund um Pilsen. Die Ausstellungserklärungen kann man vorab im Kassenraum auch in deutsch mitnehmen. Es lohnt sich, die Erklärungen sind sehr ausführlich und interessant. Im zweiten Stock der Frauengalerie, die man auch wieder über die Wendeltreppe erreicht, erfährt man etwas über jüdische Bräuche und Traditionen.
Über die Wendeltreppe verlassen wir die Synagoge, um den Außenbereich zu besichtigen.
Direkt neben der Synagoge liegt heute die Sukka (Laubhütte) der Gemeinde. Während des jüdischen Sukkofestes ist es üblich in Laubhütten unter den Sternenhimmel zu verweilen.
Die Überreste der Hilfssynagoge sind heute durch ihre Grundmauern sichtbar. Heute wird der Raum als Denkmal für die Pilsner Holocaustopfer genutzt. Auf Steinen hat man die Namen der mehr als 2600 Juden geschrieben und diese alphabetisch sortiert ausgelegt. Jedes Jahr erneuern SchülerInnen die Aufschriften. So vergisst man die Opfer nicht. Ich bin eine Weile zwischen den Feldern umher gegangen und habe die Namen gelesen. Eine beeindruckende Erinnerung.
Zum Abschluss haben wir noch einen Blick auf die Zehn-Gebote-Tafeln geworfen. Dies Steintafeln stammen aus einer nicht mehr erhaltenen Synagoge.
Gerne hätten wir während unserer Zeit in Pilsen auch die Große Synagoge besucht. Diese wurde aber gerade renoviert und so blieb nur der wunderschöne abendliche Blick auf das Gebäude.
Anschrift:
Smetanovy sady 80/5
30100 Pilsen
Öffungszeiten:
Montag | 10:00 – 18:00 Uhr |
Dienstag | 10:00 – 18:00 Uhr |
Mittwoch | 10:00 – 18:00 Uhr |
Donnerstag | 10:00 – 18:00 Uhr |
Freitag | 10:00 – 18:00 Uhr |
Samstag | geschlossen |
Sonntag | 10:00 – 18:00 Uhr |
Feiertage | geschlossen |
Eintrittspreise:
Erwachsene: 55 CZK
Es werden Ermäßigungen angeboten.
Offenlegung: Der Besuch war Bestandteil einer Recherchereise nach Pilsen.
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