Viele Jahre bin ich fast täglich an einem Hinweisschild an der Heerstraße vorbei gefahren, das auf das Georg Kolbe Museum aufmerksam gemacht hat. Immer wieder habe ich mir vorgenommen, einen Blick in das Museum zu werfen und nun stelle ich fest, ich habe etwas verpasst.
Wer war Georg Kolbe?
Georg Kolbe war ein deutscher Bildhauer, der in der ersten Hälfte des 20.Jahrhunderts erfolgreich seine künstlerischen Ideen veröffentlicht hat. Sein Arbeitsschwerpunkt war die idealisierte Aktplastik.
Kolbe studierte zunächst Malerei und Zeichnung (1891-98) und begann dann Texte von Goethe, Heine und Novalis (von ihm habe ich schon einmal nach unserem Besuch in Weißenfels berichtet) zu illustrieren. Eher zufällig begann er zu modellieren und hängte schließlich 1904 die Malerei an den Nagel. In der Bildhauerei erkannte er seine Leidenschaft und sein Talent. Mit der Zeit entwickelte er seinen eigenen Stil. 1911/12 entstand sein Werk „Die Tänzerin“ (steht in der Alten Nationalgalerie in Berlin), das zu den bekanntesten deutschen Kunstwerken seiner Zeit zählt und ihn berühmt machte.
Der Erste Weltkrieg bremste Kolbes Tätigkeit in Deutschland, bot ihm aber die Möglichkeit, während seines Militärdienstes in Konstantinopel arbeiten zu können. Zurück in Berlin und mit einem verliehenen Profssortitel engagierte Kolbe sich in der Künstlerszene. Sein Stil veränderte sich und es entstanden Statuen wie „Zorn“, eine bewegte Ausdrucksplastik (1922). Er erhielt auch große Aufträge, wie den Rathenau-Brunnen, den man im Volkspark Rehberge in Berlin (als Rekonstruktion) sehen kann.
Nachdem Kolbes Frau 1927 verstorben war, änderten sich seine Werke erneut. Er schuf nun Werke in denen er seine Trauer verarbeitete. Später entstanden Werke, in denen Georg Kolbe Figuren mit eher kräftigen und muskulösen Körpern darstellte, die sehr dem Idealbild der NS-Zeit entsprachen. Er selbst distanzierte sich immer vom nationalsozialistischen Staat, was aber in seinen Werken aus dieser Zeit nicht immer sichtbar war.
Nach dem Kriegsende schuf Kolbe 1945 die Plastik „Der Befreite“, eine zusammengebrochene Figur, die die Situation der Deutschen Bevölkerung zu dieser Zeit widerspiegelte. 1947 verstarb Georg Kolbe in Berlin.
Georg Kolbe Museum in Berlin
Georg Kolbe hatte in seinem Nachlass verfügt, dass sein Bildhaueratelier der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden sollte. Er wollte seine Kunstsammlung, seine Bibliothek und die in seinem Eigentum verbliebene eigenen Werke erhalten und geschützt wissen. Die 1949 gegründete Georg-Kolbe-Stiftung nahm sich der Aufgabe an und ist heute auch Trägerin des Museums.
Etwa 220 Werke von Kolbe befinden sich heute im Besitz des Museums. Zusätzlich konnten von einigen Skulpturen Gipsabgüsse hergestellt werden und eine Sammlung von etwa 1000 Zeichnungen und Grafiken zusammengetragen werden. Auch private Bilder, Schriftwechsel und Erinnerungsstücke aus seinem Leben befinden sich in der Sammlung des Museums.
Bei einem Museumsbesuch kann man nicht nur die wunderschönen Statuen von Georg Kolbe bewundern, sondern auch Architekturgeschichte hautnah erleben.
Die „Sensburg“ von Georg Kolbe
In der Sensburger Allee steht das Atelierhaus und das Wohnhaus des Bildhauers. Beide Gebäude sind ein hervorragendes Beispiel sachlichen Architektur in den 1920er Jahren.
Der Architekt Ernst Rentsch und der Bauhausschüler Paul Linder planten und bauten die Gebäude gemeinsam mit Georg Kolbe. Die kubische Ziegelbauten sind durch einen kleinen „Garten“ in Form eines Kiefernwaldes voneinander getrennt. Als ich das Museum besucht habe fanden gerade Restaurierungsarbeiten im ehemaligen Wohnhaus Kolbes statt. Hier wird später das Café des Georg-Kolbe-Museums zu finden sein. Der Gebäudekomplex steht heute unter Denkmalschutz.
Das heutige Museumsgebäude war ursprünglich das Atelierhaus des Künstlers. Im Erdgeschoss liegen große sehr helle Räume mit großen Fensterflächen. Ein Raum wird durch ein Oberlicht zusätzlich erhellt. Hier arbeitete der Künstler hauptsächlich. Zusätzlich entstand ein Neubau für das Museum, der sich gut an den denkmalgeschützten Bau anpasst.
Der Bereich zwischen den Gebäuden nutzte Kolbe für einige seiner Skulpturen. Eine Mauer mit Pfeilern trennt einen Skulpturenhof vom Garten ab. Im Skulpturenhof stehen einige Werke von Georg Kolbe, die man sich in Ruhe anschauen sollte. Im Garten wurden auch einige Skulpturen aufgestellt. Der Tänzerinnenbrunnen hat mich besonders begeistert.
Ausstellungsbereich im Georg-Kolbe-Museum
In dem großen ehemaligen Atelier fand bei meinem Besuch des Museums eine Ausstellung mit Werken des japanischen Künstlers Shinichi Sawada statt. Auf den ersten Blick war mir zunächst nicht klar, was der Künstler darstellen wollte. Nimmt man sich aber die Zeit, wird man fantasievolle und wunderschöne Wesen entdecken. Die Keramiken zeigen fast ausschließlich Wesen mit Stacheln, ein Erkennungsmerkmal des Künstlers.
Geht man weiter durch den Raum gelangt man zu der Ausstellung: „ Moderne und Refugium – Georg Kolbes Sensburg als Architekturdenkmal der 1920er-Jahre“, die sich auch im Untergeschoss des Gebäudes fortsetzt.
In dieser Ausstellung geht es um die Entstehung und auch Wiederherstellung der Sensburg. Für mich ein spannendes Thema, Architektur begeistert mich einfach. Bauzeichnungen und Fotos dokumentieren die Geschichte des Hauses eindrucksvoll. Es werden Bilder von der Gestaltung der Räume durch Kolbe gezeigt und sogar einige originale Stücke wie ein Bücherregal aus Kolbes Besitz werden ausgestellt. Natürlich gibt es auch einige Werke von Kolbe zu sehen.
Mir hat die Ausstellung sehr gefallen. Dadurch, dass nicht nur Werke des Künstlers zu sehen sind, sondern man auch einen Eindruck von seinem Leben bekommt, fand ich es sehr abwechslungsreich. Die Texte über die Entstehung der Sensburg habe ich gerne gelesen und viel über Berlin erfahren
Wer gerne mehr über Georg Kolbe und seine Kunst erfahren möchte, kann neben dem Besuch im Museum auch online viel entdecken. Es gibt nicht nur eine tolle Webseite des Museums, sondern auch noch Kolbe Online . Hier wird die Sammlung des Museums in digitalisierter Form vorgestellt.
Werke von Georg Kolbe in Berlin entdecken
Kolbes Werke findet man nicht nur in Museen, sondern auch an öffentlich zugänglichen Orten in Berlin.
Georg-Kolbe-Hain
Ganz in der Nähe des Georg-Kolbe-Museums befindet sich der Georg-Kolbe-Hain. Hier bin ich nach dem Museumsbesuch noch etwas spazieren gegangen.
Die öffentliche Parkanlage ist 1957 zum 10.Todestag Kolbes in Georg-Kolbe-Hain umbenannt worden. Hier stehen fünf Bronzestatuen des Künstlers, die nach seinem Tod gegossen worden sind.
Geht man die Wege entlang, kommt man zu den Figuren: die Kniende (1942), der Stürzende (1940/42), Dionysos (1931/36), Mars und Venus (1939/40) und die Große Liegende (Ruhende Frau, 1939/41).
Volkspark Rehberge
Im Volkspark Rehberge haben wir bei einem Spaziergang den Rathenau-Brunnen von Kolbe gesehen. Der originale Brunnen ist im Zweiten Weltkrieg demontiert und eingeschmolzen worden. Heute steht ein Nachbau des Brunnens im Volkspark.
Wer genaueres über den Volkspark Rehberge erfahren möchte, sollte unseren Artikel über den Volkspark Rehberge lesen.
Adresse
Sensburger Allee 25
14055 Berlin
Webseite
Öffnungszeiten:
täglich: 10-18 Uhr
geschlossen: 24., 25. und 31. Dezember
Eintrittspreise:
Erwachsene: 7,-€
Es werden Ermäßigungen angeboten.
Offenlegung: Der Besuch im Georg Kolbe Museum fand im Rahmen einer Kooperation statt.
Vera
Hallo Susanne, dein Bericht hat den Wunsch in mir geweckt wieder einmal das Kolbe Museum zu besuchen. Beim nächsten sonnigen Tag werde ich mich auf den Weg machen.