Eine der größten und zentralsten Parkanlagen in Berlin ist der Große Tiergarten im Bezirk Mitte. Die Parkanlage ist 210 Hektar groß und wird von einigen Hauptverkehrsstraßen durchquert, die sich am Großen Stern mit der Siegessäule treffen. Für Spaziergang durch den Großen Tiergarten braucht man Zeit, oder man sucht sich immer kleinere Bereiche aus und entdeckt den Park Stück für Stück.
Entstehungsgeschichte Großer Tiergarten
1527 entstand der erste Tiergarten in der Nähe des Berliner Schlosses, westlich der Cöllner Stadtmauer. Durch Zukäufe weitere Gebiete erweiterte sich der Tiergarten bis zu den Grenzen des heutigen Tiergartens. Der damalige Kurfürst von Brandenburg ließ das Gebiet einzäunen, setzte Tiere aus und nutzte den Tiergarten als Jagdgebiet.
Mit dem Wachstum Berlins verkleinerte sich der Tiergarten mit der Zeit. Friedrich I. ließ in seiner Regierungszeit die ersten Strukturen schaffen, die noch heute sichtbar sind. In Verlängerung der Allee “Unter den Linden” entstand eine breite Schneise, die eine Verbindung zwischen Stadtschloss und Schloss Charlottenburg schaffte. Auch der Große Stern entstand zu dieser Zeit, hier trafen 8 Alleen zusammen.
Friedrich der Große ließ den Tiergarten zu einen Lustgarten für die Bevölkerung umgestalten. Die Zäune verschwanden, es wurden Blumenbeete, Springbrunnen, Wasserbecken angelegte. Skulpturen bekamen in den Gelände einen Platz und auf Sitzgelegenheiten konnten die Besucher sich erholen. Die neu errichtete Fasanerie gilt als Ursprung des Zoologischen Gartens, der 1844 eröffnet wurde.
Friedrich Wilhelm III. beauftragte Lenné den Tiergarten umzugestalten. Von 1833-40 entstand so ein Landschaftspark nach englischem Vorbild. Man legte feuchte Waldgebiete trocken, legte Reit-, Fahr- und Spazierwege an und schug weite Rasenflächen, die von Wasserläufen unterbrochen und von Brücken überquert wurden. Es entstanden neue schmuckgärtnerische Anlagen.
Die Entwicklung des Tiergarten ab dem 20.Jahrhundert
In dieser Form blieb der Park bis zur Mitte des 20.Jahrhunderts fast unverändert. Einzig die Denkmäler veränderten sich noch etwas und die Siegesallee, ein Prachtboulevard wurde vollendet.
In der Zeit des Nationalsozialismus war der Tiergarten in die Stadtplanung des “Neuen Berlins” beinbezogen. Die Ost-West-Achse verbreiterte man von 27 auf 53 Meter und die Siegessäule stellte man auf den Großen Stern.
Im Zweiten Weltkrieg beschädigten die Luftangriffe der Alliierten den Tiergarten schwer. In der Nachkriegszeit waren es dann die Berliner, die die Bäume abholzten und verheizten und später die Freiflächen als Ackerflächen nutzten. Die britischen Besatzungstruppen genehmigten 2550 Parzellen, um die Bevölkerung mit selbstangebautem Gemüse versorgen zu können.
Ansonsten bot der Tiergarten ein trauriges Bild. Von einst 200.000 Bäumen standen noch 700, die Gewässer waren verschlammt, die Brücken zerstört, die Denkmäler umgestürzt. Im Rahmen eines Notstandprogramms konnte der Tiergarten von 1949-59 wieder aufgebaut werden. Aus dem gesamten Bundesgebiet kamen 250.000 Jungbäume in die Stadt, die angepflanzt werden konnten. So entstand ein Naherholungsgebiet, das für die West-Berliner, die ja ab 1961 nicht mehr so einfach in das Umland fahren konnten, unersetzlich wurde.
Nach der Wiedervereinigung 1990 veränderte sich hauptsächlich der Rand des Tiergarten, der Große Tiergarten selber steht seit 1991 als Gartendenkmal unter Schutz und es konnten einige vernachlässigten Bereiche nach historischen Plänen rekonstruiert werden.
Spaziergang durch den Großen Tiergarten
Der Große Tiergarten ist groß und es gibt viel zu entdecken. Bei unseren Spaziergängen durch den Park haben wir einige Orte entdeckt, die wir gerne vorstellen möchten. Die genauen Standorte sind auf der Karte dargestellt.
Unser Tipp: Einfach loslaufen und den Großen Tiergarten und die Sehenswürdigkeiten am Rande des Parks entdecken.
Großfürstenplatz mit Tritonbrunnen und den „Deutschen Strömen“
Der Großfürstenplatz liegt in dem zur Spree zugewandten Teil des Großen Tiergartens. 1776 ließ Prinz Ferdinand von Preußen den Platz anlegen. Den Namen Großfürstenplatz erhielt der halbrunde Platz, weil hier ein Volksfest zu Ehren der Verlobung des russischen Großfürsten Paul mit Sophie Dorothee von Württemberg statt fand.
Der Platz hat man 1987 restauriert und so befinden sich auch heute der Tritonbrunnen und die von der ehemaligen Königsbrücke (1882) hierher übertragenen vier Allegorien der „Deutschen Ströme” aus Sandstein auf dem Platz.
Die Denkmäler „Deutsche Ströme“ symbolisieren die Flüsse Weichsel, Oder, Elbe und Rhein. Jeweils rechts und links neben der Hauptfigur stehen zwei weitere Figuren, die die Flusslandschaften symbolisieren sollen. Sie stehen im Halbkreis am Rand des Platzes. In der Mitte befindet sich der Tritonbrunnen. Hier kniet die griechische Gottheit Triton und hält einen wasserspeienden Fisch in der Hand.
Ich bin ganz ehrlich, hätte ich nicht gelesen, was die vier Denkmäler darstellen sollen, wäre ich bei der Betrachtung der kunstvollen Arbeiten nicht darauf gekommen. Aber gefallen tun sie mir auch ohne das Wissen um die Bedeutung.
Floraplatz mit Amazone und Tierplastiken
Der Floraplatz spiegelt noch etwas von der barocken Gestaltung des ursprünglichen Tiergartens wieder. Ursprünglich stand in der Mitte des Platzes die Flora-Statue und von dem runden Platz gingen sechs Wege ab.
Die Skulptur, die als Namensgeberin des Platzes diente, wurde 1796 dort aufgestellt und 1906 abgebaut. Das Original ist stark beschädigt und eine Kopie hat man in den Rosengarten gestellt. Anstelle der Flora stellte man 1906 die reitende Amazone in die Mitte des Platzes. Die auf dem Pferd sitzende Frau wirkt stolz und mich hätte es nicht gewundert, wenn sie plötzlich losgaloppiert wäre.
Heute stehen um den Floraplatz einige Tierfiguren. Diese waren schon in der Zeit von Kaiser Wilhelm II. im Tiergarten aufgestellt worden und sollten auf die Bedeutung des Parks als Jagdrevier hinweisen. Nach dem Zweiten Weltkrieg waren der Bär und der Stier verschwunden und die sechs anderen Tiere fanden zunächst einen neuen Platz im Park. Inzwischen stehen die zwei liegenden Bisons, die zwei Wapi-Hirsche, zwei Elche und der Bär und der Stier als Nachgüsse wieder am Floraplatz. Ich finde diese Plastiken sehr beeindruckend und realistisch gearbeitet, fast so, als würde ich an lebenden Tieren vorbei gehen.
Venusbassin und das Musikerdenkmal
Das Venusbassin war ursprünglich ein barockes rechteckiges Becken, an dessen einer Stirnseite eine Venus Staue stand. Später nannten die Berliner das Becken eine zeitlang Goldfischteich.
Lenné stellte das Becken in seiner ursprünglichen Form wieder her, der Kaiser bestimmte allerdings, dass die Venus dem Musiker-Denkmal weichen sollte. Durch die veränderte Straßenführungen nach dem Zweiten Weltkrieg konnte man das Venusbassin zunächst nicht erhalten. 2009 nach erneuter Veränderung der Straßenführung stellte man das Bassin wieder her.
Direkt am Bassin steht das Haydn-Mozart-Beethoven-Denkmal oder kurz Musiker-Denkmal. Es besteht aus weißem Marmor und wird von drei goldenen Putten bekrönt. Schon aufgrund der leuchtend weißen Farbe fällt dieses Denkmal besonders auf. Ich fand sehr erstaunlich, dass die Musiker nur von der Hüfte an aufwärts dargestellt sind. Vom Denkmal aus führt ein Weg um das Bassin herum. Gerade im Sommer ist es hier angenehm kühl.
Denkmäler im Großen Tiergarten
Einige der Denkmäler aus dem Großen Tiergarten habe ich ja bereits erwähnt. Aber es stehen noch viel mehr in der Parkanlage. Angeblich sollen es fast 100 Kunstdenkmäler und -objekte aus den verschiedenen künstlerischen Epochen zu finden sein. Es gibt Denkmäler, Bildwerke, Brunnen, Kunst und Orte der Erinnerung vieler Künstler, einige sind noch im originalen Zustand, andere als Kopie zu sehen. Es gibt Denkmäler für Herrscher und deren Familie, Denkmäler für deutsche Dichter und Komponisten, Tierplastiken und Jagdszenen. Wer sich im Großen Tiergarten auf Spurensuche begibt wird viel entdecken.
Einige der Denkmäler haben wir bei unserem Spaziergang durch den Großen Tiergarten auch entdeckt.
Jagdgruppe
Ob man sie mag oder eher grausam findet sei jedem selber überlassen – auf jeden Fall dokumentieren die vier Kunstdenkmale der Jagdgruppe die ursprüngliche Nutzung des Tiergartens.
Auf dem Grasstreifen der Fasanerieallee stehen die „Fuchsjagd“, die „Hasenhetze“, die „Büffeljagd“ und die „Eberjagd“. Ich muss zugeben, dass ich diese Kunstwerke nicht besonders mag. Die Szenen sind dramatisch und brutal dargestellt und zeigen den neubarocken Stil, wie er damals vertreten wurde. Heute hätte ein Künstler, der Szenen so darstellt sicherlich viel Gegenwind aus der Bevölkerung zu erwarten.
Fontane-Denkmal
Das letzte große Personendenkmal der Berliner Bildhauerschule ist von Theodor Fontane. Es entstand 1910 und beendete eine Reihe von Denkmälern bekannter Dichter und Komponisten. Im Großen Tiergarten steht eine Kopie des Denkmals, das Original befindet sich im Märkischen Museum.
Theodor Fontane trägt einen Hut und hat einen Stock. Er wirkt wie ein Spaziergänger und soll so an sein Werk „Wanderung durch die Mark Brandenburg“ erinnern.
Figurengruppe „Das deutsche Volkslied“
Man kann es zwar nicht hören, aber ein junges Mädchen zupft auf ihrer Harfe und spielt altdeutsches Liedergut. Die Muse der Musik, Polyhymnia umarmt das musizieren Kind.
Das Denkmal ist 1875 aus Marmor, Muschelkalk und Granit gefertigt worden. Heute steht eine Kopie im Park.
Goethe-Denkmal
1876 konnte das Goethe-Denkmal im Großen Tiergarten enthüllt werden. Fast 20 Jahre hatte es gedauert, bis das Denkmal aus Carrara-Marmor fertig gestellt war.
Goethe wird als etwa 40-jähriger Mann dargestellt. Um den Sockel stehen einige Figuren, die Allegorien darstellen. Angeblich sind es die Allegorie der lyrischen Dichtkunst mit Amor, die Allegorie der dramatischen Dichtkunst mit dem Genius des Todes und die Allegorie der wissenschaftlichen Forschung mit dem Genius der Wahrheit. Ich muss das mal so glauben, erkannt hätte ich das nicht.
1981/82 baute man das Denkmal vollständig ab, um es vor den zunehmenden Umwelteinflüssen zu schützen. Zwischenzeitlich ersetzte ein Betonabguss das Original, seit 2010 steht das restaurierte Denkmal wieder an seinem Platz.
Global Stone Projekt
Ganz im Gegensatz zu den traditionellen Denkmälern ist das Global Stone Projekt modern und nicht bildlich.
Auf der Trockengrasfläche des „Großen Hains“ liegen Steine in unterschiedlichen Größen und unterschiedlichen Anordnungen. Der Künstler suchte auf jedem Kontinent zwei Steine aus. Einen davon ließ er im Ursprungsland, den anderen brachte er nach Berlin. An den geschliffenen Reflexionsflächen reflektiert am 21.Juni zur Sommersonnenwende das Licht und verbindet die Steine miteinander. So will der Künstler die Verbundenheit der Erdteile darstellen. Zusätzlich ist jedem Stein ein Thema zugeordnet: Erwachen (Europa), Hoffnung (Afrika), Vergeben (Asien), Liebe (Amerika) und Frieden (Australien).
Bei meinem Spaziergang durch den Großen Tiergarten hat dieses Projekt wesentlich mehr Betrachter angezogen, als die traditionellen Denkmäler. Ich fand es auch spannend die unterschiedlichen Steine zu fühlen. Jeder Typ hat eine eigne Textur, fühlte sich unterschiedlich warm an und war einfach einzigartig.
Historische Brücken im Großen Tiergarten
Der Große Tiergarten wird durch eine Gewässerlandschaft mit kleinen Inseln und Seen geprägt. Das macht es bei dem weitläufigen Wegenetz notwendig, das Brücken über die Gewässer führen.
Viele der Brücken sind wunderschön gestaltet und es gibt auch noch einige historische Brücken, die wirklich sehenswert sind:
- Löwenbrücke (1837/38)
- Gotische Brücke (1802/1845)
- Stufenbrücke (1840/1882)
- Schlangenbrücke (1900)
- Adlerbrücke (1900)
Bei unserem Spaziergang sind wir über einige Brücken geschlendert.
Gotische Brücke
1802 entstand die Gotische Brücke, die eigentlich für den Schlosspark in Charlottenburg angefertigt worden war. Der damalige König veranlasst jedoch, dass die Brücke im Tiergarten aufgebaut wurde. Eine weitere identische Brücke wurde auf die Pfaueninsel gestellt.
Im Zweiten Weltkrieg zerstörte man die Gotische Brücke. Erst 1987 stellte man die heute rekonstruierte Brücke wieder auf. Zum Glück hatte konnte man die Brücke auf der Pfaueninsel als Vorbild nutzen.
Die Brücke ist mit Holzbrettern belegt und nach oben gewölbt. Sind die Bretter nass, kann es rutschig auf der Brücke werden!
Löwenbrücke
Einer der vielen Wege durch den Großen Tiergarten endet direkt an einem der kleinen Wasserläufe. Hier befand sich ursprünglich die Löwenbrücke. Die Hängebrücke wurde von vier Löwen auf Sockeln flankiert. Im Krieg zerstörte man leider auch diese Brücke, aber 1957 nach erfolgreicher Instandsetzung überquerte sie wieder den Wasserlauf. 2009 musste man die Brücke aufgrund von Baufälligkeit schließen und inzwischen erinnern hier nur noch die Löwen an die Brücke.
Interessante Orte am Rand des Großen Tiergartens
Nicht nur ein Spaziergang durch den Großen Tiergarten führt einen an interessanten Orten vorbei. Am Rand des Tiergartens gibt es einige Mahnmale, die an die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft des Nationalsozialismus erinnern:
- Denkmal für die ermordeten Juden Europas
- Sowjetische Ehrenmal an der Straße des 17.Juni
- Denkmal für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen
- Denkmal für die im Nationalsozialismus ermordeten Sinti und Roma
Es stehen am Rand des Tiergartens auch einige Bauwerke und Berliner Sehenswürdigkeiten, die einen Besuch wert sind:
- Siegessäule
- Hansaviertel
- Brandenburger Tor
- Schloss Bellevue
- Haus der Kulturen der Welt und das Carillon
- Reichstag
- Regierungsviertel
- Potsdamer Platz
- Botschaftsviertel
- Zoologischer Garten
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