Ein recht unbekannter Friedhof liegt am östlichen Ufer des Plötzensees. Eher durch Zufall bin ich bei einer Radtour am Friedhof Plötzensee im Wedding vorbei gekommen und kurzentschlossen über das parkähnliche Gelände gelaufen.
Entstehung des Friedhofes
1888 eröffnete der Friedhof und wuchs im Laufe der Jahre aufgrund von Geländeerweiterungen auf die stattliche Größe vom 162.845 m² an. Es entstand einer der größten landeseigenen Friedhöfe der Stadt. Bis nach dem Zweiten Weltkrieg waren 4 geschlossene Anlagen verschiedener Gemeinden und für die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft entstanden.
Ab den 1960 machte sich der Wandel in der Begräbnisskultur in Berlin bemerkbar. Grabstellen wurden kleiner, die Urnenbestattung nahm immer mehr zu. So beschloss man, den Friedhof zu schließen. Zunächst trug man die Kapellen ab und am 31.12.1970 schloss man den Friedhof für Begräbnisse. Da Grabstellen immer eine bestimmte Nutzungsdauer haben, wartete man bis 1995, bis die letzten Nutzungsrechte erloschen waren. Danach begann man das Gelände umzuwandeln.
Umwandlung des Friedhofgeländes
Eine Umwandlung eines Friedhofes ist nicht ganz so einfach, wie es sich vielleicht anhört. Es gibt eine Bestimmung, die dauerhaftes Ruherecht laut Gräberverordnung für bestimmte Grabtypen gewährleistet. Dazu zählen unter anderem auch Gräber von Militärangehörigen des Ersten Weltkrieges und des Zweiten Weltkrieges. Die Bestimmung sieht so einige Grabstätten vor, die vom Land aufrecht erhalten und gepflegt werden müssen.
Auf den geschlossenen Bereichen der vier Friedhofsanlagen gab es nun einige Gräber, die unter diese Bestimmung fielen und es musste für sie dort bestatteten Toten eine neue Ruhestätte gefunden werden.
Die betroffenen Kriegsgräberstätten mussten „umziehen“ und man legte sie zu den bestehenden Gräbern auf den Neuen St.-Pauls-Friedhof. Sogar das Kriegerdenkmal zum Ersten Weltkrieg aus dem Jahr 1920 zog mit um. Es entstand der Friedhof Plötzensee.
Nachdem der Umzug vollbracht war, wandelte man das restliche Gelände in eine Parkanlage mit Hundefreilaufgebiet um. Dieses Gelände besteht noch immer.
Friedhof Plötzensee
Die neue Kriegsgräberstätte ist etwa 3600 m² groß. Hier sind 40 Opfer aus dem Ersten Weltkrieg und etwa 4000 Opfer aus dem Zweiten Weltkrieg und den Gewaltmaßnahmen des Nationalsozialismus begraben. Viele der Opfer sind namentlich unbekannt. Gut 2000 Personen hat man in Einzelgräbern begraben, viele fanden in einem der drei Sammelgräber ihre letzte Ruhe.
Bei einem Rundgang über den Friedhof fallen mir die mit Buchstaben gekennzeichneten Grabfelder auf. Auf einer Hinweistafel am Eingang des Friedhofes kann man genau nachlesen, wieviele Männer und Frauen, ja manchmal sogar Kinder dort beerdigt sind. Auch auf fehlende Grabsteine wird hingewiesen. Im Bereich K hat man zum Beispiel Kriegstote, die zuvor auf den Friedhöfen Gerichtstraße und St. Johannis- und Heilandfriedhof gelegen haben, umgebettet.
Ein Denkmal auf dem Friedhof Plötzensee fällt mir besonders in Auge. 1957 schuf der Bildhauer Karl Wenke eine 5 Meter hohe Stele mit seitlich angebrachten Kreuzen. Sie trägt die Inschrift: Den Toten des Weltkrieges 1939-1945 zum Gedenken, den Lebenden zur Mahnung und Verpflichtung.
Der Friedhof ist optisch betrachtet sicherlich nicht der „schönste“ Friedhof. Man kann keine künstlerisch wertvollen Grabsteine entdecken. Dafür ist der Friedhof Plötzensee für mich aber ein Ort der Erinnerung und der Ermahnung an eine Zeit, die so keiner mehr erleben möchte.
Adresse:
Nordufer 31,
13351 Berlin
Dr. Barbara Seitz
Sehr interessanter Artikel über den Friedhof „ Plötzensee“!