Berlin und Berge? Man mag es kaum glauben, aber im Viktoriapark befindet sich der Berliner Kreuzberg, die höchste innerstädtische Erhebung der Stadt.
Der Kreuzberg ist 66 Metern hoch und markiert den Übergang vom Berliner Urstromtal zur südlich gelegenen Hochfläche des Teltow. Lange Zeit war die Erhebung als Tempelhofer Berg oder Runder Weinberg bekannt.
Ein Denkmal auf dem Berg
Viele Jahre baute man auf dem Hang Wein an – daher auch der Name „Runder Weinberg“. 1818 fand auf der Erhebung, an der höchsten Stelle die Grundsteinlegung für ein Nationaldenkmal statt. Karl Friedrich Schinkel hatte den Auftrag erhalten ein Monument zu entwerfen, dass an den Sieg der Allianz gegen Napoleon in den Befreiungskriegen erinnerte.
Schinkel nutzte bei der Realisierung des Auftrages den damals sehr modernen Werkstoff Gusseisen und schuf eine Säule im gotischen Stil einer Kathedrale. Insgesamt 12 Figuren, die von verschiedenen Bildhauern geschaffen wurden, stehen rund um die Säule in kleinen Nischen. Das Kreuz auf der Turmspitze ist im Stil des Eisernen Kreuzes gestaltet.
Dieser von Napoleon gestifteter Verdienstorden, der auch von Schinkel entworfen wurde, war die höchste preußische Auszeichnung. Sie konnte unabhängig der gesellschaftlichen Stellung verliehen werden. Anlässlich der Einweihung des Denkmals 1821 in Gegenwart von König Friedrich Wilhelm III. und des russischen Thronfolgers Nikolaus I. erhielt der Tempelhofer Berg seinen neuen Namen Kreuzberg.
Figuren um das Nationaldenkmal für die Befreiungskriege
Die 12 Figuren um das Denkmal musste ich mir etwas genauer ansehen. Ich hatte zuvor gelesen, dass diese sehr ungewöhnlich sind und war recht gespannt, was besonderes von den Künstlern Christian Daniel Rauch, Christian Friedrich Tieck und Ludwig Wichmann geschaffen worden war.
Zunächst symbolisiert jede Figur eine entscheidende Etappe der Befreiungskriege. So wird zum Beispiel auf die Schlachten bei Großgörschen im Mai 1813, bei Leipzig am 18. Oktober 1813, bei Paris im März 1814 und bei Belle-Alliance (Waterloo ) am 18. Juni 1815 hingewiesen.
Ich gucke mir die Figuren also etwas genauer an. In der Mitte steht ein Genius in der antiken griechischen Rüstung, gekrönt mit einer Strahlenkrone, seine Hände ruhen auf einem Schild mit den Wappen der drei Verbündeten Preußen, Österreich und Russland. Er soll an die Schlacht bei Leipzig 1813 erinnern. Das Gesicht der Skulptur ist das von Wilhelm von Preußen, dem Bruder des damaligen Königs. Zufall? Wohl eher nicht. Andere Figuren tragen zum Beispiel die Köpfe von König Friedrich Wilhelm III., Charlotte von Preußen (Tochter Friedrich Wilhelms III., Gemahlin des Großfürsten Nikolaus Pawlowitsch), Luise von Mecklenburg-Strelitz oder Alexander I., dem Kaiser von Russland.
Kleine Geschichte über den Berliner Irrsinn
Bis in die 1870er Jahre war das Nationaldenkmal für die Befreiungskriege die höchste Erhebung in Kreuzberg. Als es im Zuge von Stadterweiterungen dazu kommen sollte, das höhere Bauwerke in der Nähe entstehen sollten, schritt die Polizei ein und verhinderte den Bau. Klar ließ sich das der Bauherr nicht gefallen und klagte vor Gericht gegen die Maßnahme. Das Preußische Oberverwaltungsgericht fällt das „Kreuzbergurteil“. Dieses erklärte die Polizeiverordnung für unwirksam. Als Argument führte man an, dass die Baupolizei nur für die Abwehr von Gefahren zuständig sei. Sie dürfe allerdings nicht einschreiten, wenn es um ästhetische Fragen gehen würde. Mit diesem Urteil war nun klargestellt, dass stadtplanerische Gestaltung nicht zu den Aufgaben der Polizei gehört und das Aktionsfeld der Polizei kräftig eingeschränkt.
Ja und nun? Kaiser Wilhelm I. entschied, dass das Denkmal trotzdem der höchste Punkt bleiben sollte. Er veranlasste, dass das gut 200 Tonnen schwere Denkmal hydraulisch angehoben wurde und so ein 8 Meter hohes Podest unter dem Denkmal Platz fand. Dabei veränderte man gleich die Ausrichtung um 21 Grad. So war es nun auf die Achse Großbeerenstraße ausgerichtet. Man hat von dort oben eine tolle Sicht über den Bezirk.
Was kaum jemand weiß: Unter dem Podest befindet sich ein riesiger künstlicher Hohlraum mit weiteren Monumenten. Auf der Rückseite entdecke ich einige Lüftungsschlitze und eine Eisentür. Dahinter verbirgt sich ein Backsteingewölbe. Hier überwintern jedes Jahr etwa 400 Fledermäuse. Es ist eins der größten Winterquartiere in Berlin. Wenn die Fledermäuse im Sommer ausgeflogen sind, darf der Mensch wieder die Räume unter dem Denkmal betreten. Hier sollen zahlreiche Reliefs, Friese, Statuen… lagern und man hat wohl auch einen Blick auf das „Skelett“ des Denkmals. Es gibt Führungen, die einen Einblick in den Sockel bieten. Dazu an dieser Stelle mehr, wenn ich den Ort live gesehen habe.
Der Viktoriapark rund um den Kreuzberg entsteht
Da stand es nun, das Nationaldenkmal für die Befreiungskriege auf dem Berg in einer kahlen und sandigen Umgebung. Schinkel hatte in seiner Planung, dass dieser Ort dem Denkmal angemessen gestaltet werden sollte. Aber zunächst geschah nichts.
Erst 70 Jahre später, ab 1888, baute man nach Plänen des Stadtgartendirektors Mächtig eine Parkanlage. Von ihm stammte auch die Idee eines Wasserfalls, der in der Achse der Großbeerenstraße vom Kreuzberg herunterfließen sollte.
Der Wasserfall
Die Landschaftsgestalter schufen im Viktoriapark eine täuschten echt wirkende Gebirgslandschaft mit der Wolfsschlucht. Sie soll dem Zackelfall im Riesengebirge nachempfunden sein, belegt ist das aber nicht. Damit in dem Wasserfall ständig Wasser fließt, muss das Wasser auf den Kreuzberg hinaufgepumpt werden. Dabei wird ein Höhenunterschied von 24 Meter überwunden und es werden pro Minute 3.000 Liter Wasser bewegt. Das Pumpsystem war im Oktober 1893 fertig gestellt und konnte feierlich eingeweiht werden. Ab Sommer 1894 wurde der Wasserfall dann täglich 8 Stunden in Betrieb genommen.
Das Wasser fließt seit dieser Zeit zwischen groben Felsgestein abwärts. Bei schönem Wetter sitzen die Parkbesucher auf den Felsen und lassen die Füsse ins Wasser baumeln. Am Fuß des Wasserfalls im Viktoriapark befindet sich ein kleiner Teich. Hier steht eine Bronzeskulptur (1896 von Ernst Herter), die eine Nixe im Netz eines Fischers zeigt.
Um den Wasserfall ist der Berg dicht bewachsen und verschlungene steile Pfade führen hinauf zum Beginn des künstlichen Wasserlaufes.
Warum heißt der Park Viktoriapark?
Kaiser Friedrich III. war nur sehr kurz Kaiser. Er starb nach nur 99 Tagen Regentschaft und wird daher auch 99-Tage-Kaiser genannt. Von ihm stammte die Idee des Parks und so ist es nicht verwunderlich, dass seine englische Frau Victoria, zur Namensgeberin des Parks wurde.
Veränderungen im Park
In den Jahren von 1913-1916 konnte das Gelände in westlicher Richtung um das ehemalige Aufmarschgelände erweitert werden. Hier besteht der Park aus einem sanften leicht hügeligem Gelände, das als Landschaftspark gestaltet war. Die Parkbesucher finden viel Platz und die Wiesenflächen werden gerne zur Erholung genutzt.
Die erheblichen Schäden des Zweiten Weltkrieges benötigten eine Zeit, bis sie vollständig beseitigt waren. 1980 stellte man den Park unter Denkmalschutz.
Heute befinden sich im westlichen Bereich des Viktoriaparks ein Kinderspielplatz, ein Tiergehege und ein Sportplatz. Wer den Park an der Dudenstraße betritt, findet dort den Biergarten „Golgatha“.
Die Tiergehege waren übrigens in der ursprünglichen Planung nicht vorgesehen. Entstanden sind die Gehege etwa 1925 durch die Aufzucht eines Rehkitzes. Die Aufzucht war erfolgreich und immer mehr Rehe brachte man dort zur Aufzucht hin. Später folgten andere Tiere und ein kleiner Zoo entstand. Nach 1945 gab es gar keine Tiergehege mehr im Park, erst 1952 wurden sie wieder eröffnet.
Der Weinanbau ist auch in den Viktoriapark zurückgekehrt. Ende der 1960er Jahre hat man auf dem Nordhang des Kreuzbergs wieder Weinreben gepflanzt. Die Ernte ist klein und der Wein mit dem Namen „Kreuz-Neroberger“ kann nicht gekauft werden. Das Bezirksamt verschenkt die Flaschen an ausgewählte Gäste.
Besucherinformationen
Adresse
Kreuzbergstr. 15
10965 Berlin
Wie kommt man zum Viktoriapark?
U-Bahn Linie 6 bis zur Haltestelle Platz der Luftbrücke
Bus 140: Haltestelle Kreuzberg/Wasserfall, Haltestelle Hornstraße, Haltestelle Katzbachstraße
Bus N6, N42: Haltestelle Bergmannstraße
Bus N7, M19: Haltestelle Viktoriapark, Haltestelle U Mehringdamm
Eintrittspreise
Der Eintritt ist kostenlos möglich.
Parköffnungszeiten
Der Park ist 24 Stunden geöffnet.
Schreibe einen Kommentar