Viele Jahre bin ich mit dem Bus von Kladow nach Spandau gefahren. Wenn man im BVG Doppeldecker oben einen Fensterplatz hatte, konnte man einen Turm in einem kleinen Waldstreifen sehen. Zeit sich den Jaczoturm nach vielen Jahren einmal genauer anzusehen.
Der Jaczoturm
Ein kleiner Weg führt in die bewaldete und wunderbar schattige Jaczo-Schlucht in Gatow. Hier steht ein 4 Meter hoher Turm, der auf den ersten Blick vermuten lässt, dass hier einmal eine Burg gestanden haben muss. Aber guckt man genauer hin sieht man, dass es eine Pseudo-Ruine ist. Der Turm wurde dort absichtlich von einem Unbekannten 1914 erbaut – aber warum?
Der Jaczoturm ist aus groben Kalksteinblöcken erbaut worden und von 13 Zinnen gekrönt. Der Zahn der Zeit hat an diesem Bauwerk sichtlich genagt. Der Stein sieht bröckelig aus, überall wächst Moos und leider gibt es auch Schäden, die auf Vandalismus zurückzuführen sind.
Wir gehen um den Turm herum und entdecken ein Relief. Auf diesem ist Fürst Jaczo mit seinem Pferd abgebildet. Er blickt sich um, als ob er vor etwas auf der Flucht ist. In einer Hand hält er ein Schild, in der anderen ein Speer. Sollte es etwas mit diesem Fürsten zu tun haben? Unter dem Relief kann man Überreste einer Inschrift sehen. Ein zweites Relief zeigt einen Bären in einem Wappen.
Der Turm steht unter Denkmalschutz.
Wer war Fürst Jaczo?
Jacza, Jaxa oder Jaczo von Köpenick war ein slawischer Fürst, der von 1125-1176 lebte. Die Geschichtsforschung behauptet, dass er auch unter dem Namen Jaska von Miechów bekannt war. Dieser soll durch die Heirat in eine Familie großen Einfluß im Raum Krakau, Schlesien und Lublin erworben haben. Er war Mitte des 12.Jahrhunderts Burgherr und Fürst von Copnic, dem heutigen Köpenick.
Bekannt ist, dass der Fürst Jaczo von 1150-1157 mit Albrecht dem Bären um die Vorherrschaft an der Havel und Spree gekämpft hat. 1157 gewann Albrecht der Bär und legte so einen wichtigen Grundstein für die Existenz der Mark Brandenbrug.
Legende über die Flucht von Fürst Jaczo
Der Jaczoturm steht in einer kleinen Schlucht, die eine direkte Verbindung zur Havel hat. Heute führt ein Wanderweg zum Fluss.
Vor über 860 Jahren wird der Weg nicht so gut befestigt gewesen sein. Trotzdem nahm Fürst Jaczo mit seinen zwei Begleitern auf ihren Pferden nach der Niederlage in Kladow auf der Flucht vor Albrecht dem Bären anscheinend diesen Weg und floh zur Havel.
Dort stürzten die Reiter samt ihrer Pferde in das Wasser und wollten über die Havel fliehen.
Das Pferd des Fürsten war von der Flucht schon sehr erschöpft und es drohte zu ertrinken. Der Fürst hielt sein Schild hoch über den Kopf und flehte den von ihm eigentlich verhassten Christengott an, ihn zu retten. Plötzlich schien es ihm, als ob eine Hand sein erhobenes Schild erfasste und ihn über Wasser hielt. Sogar sein Pferd schien diese zusätzlich Kraft zu spüren und erreicht entkräftet das rettende Ufer auf der anderen Seite der Havel.
Fürst Jaczo stieg vom Pferd und schwor dem Christengott die Treue. Zum Dank hängte er sein Schild in eine Eiche. Damit soll der Legende nach der Name Schildhorn für den Uferabschnitt „geboren“ worden sein.
Das Denkmal auf dem Schildhorn
König Friedrich Wilhelm IV. muss die Legend gut gefallen haben. Er ließ 1844 eine Gedenksäule auf der Landzunge Schildhorn errichten. Er soll selber einige Zeichnungen angefertigt haben, die zur Gestaltung des Denkmals verwendet wurden. Der beauftragte Architekt musste seine Ideen für die Gestaltung den Wünschen des Königs anpassen und so konnte 1845 eine Sandsteinsäule auf einer Erhebung auf der Landzunge Schildhorn aufgestellt werden.
Das Denkmal stellt eine stilisierte Eiche dar, das krönende Kreuz symbolisiert Jaczos Hinwendung zum Gott der Christen. Ein Rundschild fand einen Platz im oberen Drittel der Säule.
Später befestigte man man Sockel noch eine Innschrift in märkisch-plattdeutscher Mundart:
Grot Wendenfürst, dorch Dine Mut
Es hier dat Denkmal obgebut,
doch hite geft kin Fersten mehr,
De drever swemmt mit Schild und Speer.
Übersetzt lautet der Text:
Großer Wendenfürst, durch Deinen Mut
ist hier dies Denkmal aufgebaut,
doch heute gibt’s keinen Fürsten mehr,
der darüber schwimmt mit Schild und Speer.
1945 wurde das Denkmal leider zerstört. Nach dem Krieg gelang es Lehrlingen der senatseigenen Dahlemer Steinmetzwerkstatt mit Hilfe von Fotografien und einiger Trümmerstücke die Säule zu rekonstruierten. Die Inschrift hat man dabei nicht wieder angebracht.
Helma Grimm
Für Spandauer Schulklassen war und ist Schildhorn ein schönes Ziel an Wandertagen. Danke für die Auffrischung der Geschichte ( Heimatkunde).
Helma