Rund um die General-Pape-Straße kann man mit Hilfe des Geschichtsparcours an 14 Stationen ein ehemalige Militärgelände entdecken. Besonders beeindruckend sind zwei Stationen – der Schwerbelastungskörper und der Gedenkort SA-Gefängnis Papestraße.
Wir starten mit der Tour am Fernbahnhof Südkreuz. Direkt hinter dem Bahnhofsgelände erstreckt sich an der General-Pape-Straße ein ehemaliges Militärgelände. Seit 2008 zeigen Schilder des Geschichtsparcours neben schriftlichen Informationen auch Bilder, die diesen Standort in der Vergangenheit zeigen. So ist ein „Vorher – Jetzt Vergleich“ sehr anschaulich möglich.
Im 19. und 20. Jahrhundert ist das Gelände durch die Eisenbahn und das preußische Militär geprägt worden. Die erhaltenen Kasernengebäude stehen heute unter Denkmalschutz. Im Norden der Route liegt der Schwerbelastungskörper, der an die städtebaulichen Planungen in der NS-Zeit erinnert. Und kurz vor dem Ende des Rundgangs erreicht man die Gedenkort SA-Gefängnis Papestraße mit seiner erschütternden Geschichte.
Wer die Strecke gerne ablaufen möchte, kann sich die Route, die wir gelaufen sind, auf der Karte ansehen.
Unterwegs auf dem Geschichtsparcours
Start- und Endpunkt unseres Rundganges war der Bahnhof Südkreuz. Schon seit 1901 existierte an der General-Pape-Straße ein Umsteigebahnhof, der eine Umsteigemöglichkeit von der Ringbahn in den Fernverkehr bot. Mit dem Bau der Mauer nahm die Wichtigkeit dieses Bahnhofes immer mehr ab. Erst als die Mauer fiel und der S-Bahnring wieder genutzt werden konnte, baute man den Bahnhof um. Nun besteht hier wieder die Möglichkeit in Fernverkehrszüge zu steigen.
Direkt am Ausgang zur General-Pape-Straße stehen Schilder, die auf den Geschichtsparcours aufmerksam machen. Ein Schild zeigt einen Lageplan „gestern – heute“ in dem ein gelber Punkt den Standort anzeigt. Ein zweites Schild zeigt den Ringbahnhof Papestraße von 1908. Den farblich hervorgehobenen Gebäudeteil des Eingangsgebäudes findet man heute direkt an der Einfahrt zum Parkhaus – ein historisches Zeugnis an einen modernen Gebäude.
General-Pape-Straße
Uns führt der Weg zunächst die General-Pape-Straße entlang. An diesem Straßenverlauf befand sich in der Mitte des 19. Jahrhunderts ein großer Exerzierplatz mit Kasernen und Werkstätten der preußischen Eisenbahnregimenter.
An der Mauer zum Gelände stehen die Bezeichnungen der Toreinfahrten und beim Tor III biegen wir rechts ab und entdecken das nächste Schild mit Informationen. Es zeigt ein Bild von diesem Toreingang mit zahlreichen Männern, die mit ihren Koffern in der Hand in den Krieg ziehen. Das farblich hervorgehobene Bild war ein Gebäude der Landwehrinspektion, in dem alle wehrpflichtigen Männer Berlins erfasst wurden. Im Zweiten Weltkrieg ist das Gebäude zerstört worden, nur der Eingang zum Gelände ist noch erhalten.
Nur wenige Meter weiter, links der Einfahrt, befindet sich in einem der wunderschönen alten Ziegelsteingebäude die Außenstelle des Robert-Koch-Institutes. Diese Gebäude, so verrät uns das nächste Hinweisschild, waren einst der Sitz der preußischen Militärverwaltung und gehörten zu den Gebäuden, die 1895-98 für die Musterungsbehörde errichtet worden waren. Die große Freifläche diente als Versammlungsort der wehrpflichtigen Reservisten, die einmal im Jahr stattfand. Heute befinden sich hier unter anderem Kleingärten.
Auf kleineren Wegen geht es weiter durch die Kleingartenkolonie. Ein Foto von 1912 zeigt uns, dass hier, wo heute Lauben und Gärten sind, der Exerzierplatz gelegen hat. Direkt am Platz befanden sich zwei große Mannschaftshäuser, in denen die Eisenbahntruppen untergebracht waren, und ein kleineres Wirtschaftsgebäude. Im Zweiten Weltkrieg ist das Wirtschaftsgebäude zerstört worden und an einem Kasernengebäude gab es größere Schäden. Aber bis heute werden die noch bestehenden Bauten weiter genutzt.
Wir kamen nun an eher wenig schön anzusehenden Gebäuden vorbei, die zum Teil von Betrieben genutzt werden. Eins dieser lang gestreckten Gebäude war einst die Exerzierhalle. Nachdem 1919 die Eisenbahnertruppen aufgelöst waren, suchte man neue Nutzungsmöglichkeiten für die Gebäude. In der Exerzierhalle und den daneben liegenden Kasernengebäude siedelte sich 1929 die Deutschen Orthopädischen Werke an. Bis 2000 produzierten sie Rollstühle und Prothesen, die anfangs hauptsächlich den Versehrten der Weltkriege zu Gute kamen.
Durch einen Durchgang an einem Wohnhaus gelangen wird auf die Gontermannstraße und biegen nach links ab. Es geht an einigen Wohnhäusern und dem St.Joseph Krankenhaus vorbei bis zur Hertha-Block-Promenade.
Diese führt zwischen Kleingärten und dem Robert-Koch-Institut vorbei zurück auf die General-Pape Straße, in die wir nach rechts abbiegen. Immer dem Straßenverlauf folgend, gelangt man schließlich zum Schwerbelastungskörper.
Schwerbelastungskörper
Der Schwerbelastungskörper ist ein denkmalgeschützer Zylinder aus Beton und Stahlbeton und steht an der General-Pape-Straße. Im Volksmund wird der unförmige Bau auch Naziklotz genannt.
Albert Speer hatte mit der Umgestaltung von Berlin zur Welthauptstadt Germania recht hochtrabende Pläne. Nach Hitlers Vorstellung sollten zwei Hauptachsen, die so genannte „Ost-West-Achse“ und die „Nord-Süd-Achse“, die neue Welthauptstadt wie ein Kreuz durchschneiden. Die größte Aufmerksamkeit galt der Nord-Süd-Achse mit ihrer 7 km langen und 120 m breiten Prachtstraße. An deren Ende sollte ein gewaltiger Triumphbogen entstehen, der alle baulichen Dimensionen Berlins gesprengt hätte. Den Entwurf dazu hatte Hitler persönlich bereits 1920 angefertigt. Auf dem 117 Meter hohen und 170 Meter breiten Bauwerk sollten die Namen der im Ersten Weltkrieg gefallenden Soldaten verewigt werden.
Ein Bauwerk in diesen Ausmaßen kann man nicht einfach bauen, ohne zuvor das Setzungsverhalten des Untergrundes zu testen. So beauftragte Speer Probebelastungen mit Hilfe eines Schwerbelastungskörpers durchzuführen.
Die Firma Dyckerhoff & Widmann bekam 1941 den Auftrag, den Schwerbelastungskörper zu errichten. Man ließ, unter anderem durch französische Kriegsgefangene einen Zylinder mit 11 Meter Durchmesser bauen, der etwa 18 Meter tief in den Boden reichte. Über der Erdoberfläche entstand ein 5 Meter auskragender und 14 Meter hoher Belastungszylinder. Durch die Auskragung kam der Zylinder oberirdisch auf einen Durchmesser von 21 Metern. Ein solcher Stahlbeton- und Betonklotz wiegt natürlich einiges (12.650 Tonnen) und so belastete er den Untergrund mit 12,65 kg pro cm². Die Auswirkungen dieser Belastung wurden im Inneren des Zylinders mit Messgeräten bis zum 1.6.1944 aufgezeichnet.
Es dauerte eine Weile, bis die gesammelten Daten ausgewertet waren. Erst 1948 konnte man mit Sicherheit feststellen, dass die Belastung des Untergrundes durch einen Triumphbogen nur mit einer extremen Verdichtung des Bodens möglich gewesen wäre. Schon der Zylinder war nach seinem Bau innerhalb von 2,5 Jahren etwa 19 cm in den Untergrund eingesunken und hatte eine Neigung erreicht, die einen Überhang von 3,5 cm erzeugte.
Nach dem Zweiten Weltkrieg stand der Betonklotz, nun vollkommen nutzlos geworden, mitten in der Stadt. Da die Wohngebiete recht nah liegen, entschied man sich das Bauwerk nicht zu sprengen.
Seit 1995 steht der Schwerbelastungskörper unter Denkmalschutz und eine Zeitlang führte man noch einige Experimente und Messungen durch. Ab 2007 sanierte man die Außenhülle und gestaltete das Areal neu. Es entstand zum Beispiel ein Aussichtsturm und ein Informationspavillon.
Besuch der Ausstellungsfläche
Das Gelände kann man kostenfrei besuchen und auch der Aufstieg auf den Aussichtsturm ist kostenfrei. Wir hatten unseren Rundgang entlang des Geschichtsparcours so geplant, dass wir pünktlich zur Öffnungszeit vor Ort waren.
Zunächst ging es um das Bauwerk herum. Auf einigen Informationstafeln kann man einige interessante Details nachlesen. Mit hat es gut gefallen, dass man auch einen Blick in den Schwerbelastungskörper werfen kann. Hier liegen einige verrostete Metallteile herum und an einer Stelle habe ich ein Lock entdeckt. Durch dieses Loch kann man aus dem Baukörper heraus gucken und sehr deutlich erkennen, wie dick und massiv er ist.
Im Anschluß zog es uns auf den Aussichtsturm. Von dort hat man seinen guten Blick auf den Schwerbelastungskörper und die nähere Umgebung. Eine Informationstafel verdeutlicht den geplanten Straßenverlauf von Speer.
Adresse:
General-Pape-Straße / Loewenhardtdamm
12101 Berlin
Öffnungszeiten:
2. April bis 30. Oktober
Dienstag, Mittwoch, Donnerstag, Samstag und Sonntag: 13 – 18 Uhr
Eintrittspreis:
kostenlos
Spaziergang durch Tempelhof
Nach dem Besuch am Schwerbelastungskörper führt der Weg weiter entlang des Loewenhardtdamms. Hier stehen Siedlungsbauten der 1920er und 1930er Jahre. Ab und zu kommt man an Neubauten und einigen Kleingärten vorbei.
Bevor wir in den Bäumerplan abbiegen, werfen wir noch einen Blick in eine Grünanlage mit einem kleine Teich. Leider kamen wir nicht wirklich gut an den Teich und eine Bank für eine kleine Pause haben wir auch nicht entdeckt. Also ging es weiter entlang des Bäumerplan. Dieser Straßenzug gehört zur Gartenstadt Neu-Tempelhof und wird auch als Fliegerviertel bezeichnet. Dieser Name entstand nach der Umbenennung der Straßen im August 1930. Die ehemaligen deutschen Herrschergeschlechte verschanden von den Straßenschildern und die Namen von Jagdfliegern aus dem Ersten Weltkrieg und Flugpionieren tauchten auf. Nach dem Zweiten Weltkrieg plante man zunächst eine erneute Umbenennung, die jedoch nicht durchgeführt wurde.
Mich hat der Eingang zum St. Joseph Krankenhaus beeindruckt. Ein wunderschönes, unter Denkmalschutz stehendes Gebäude.
Kurz nach dem Krankenhaus sind wir in den Werner-Voß-Damm abgebogen, dem wir eine Weile folgen mussten. Als dann wieder alte Klinkerbauten der ehemaligen Kaserne auftauchten, kamen wir erneut an einem Hinweisschild des Geschichtsparcours vorbei.
Das Bild zeigt den Ballon „Preußen“, der 1901 zu einem Höhenversuch startete. Damals war das Kasernengelände noch nicht vollständig bebaut und so hatte man ausreichend Platz, um den Ballon zu starten. Zwei Piloten stiegen in einen offenen Korb. Sie hatten Stahlzylinder mit Sauerstoff dabei und fuhren tatsächlich auf 10.800 Meter hoch. Ein Rekord, der bis heute Bestand hat. Nicht nur diese wirklich abenteuerlich klingende Ballonfahrt startete von dieser Freifläche, zuvor hatte die dort von 1885-1891 stationierte Luftschiffer-Abteilung einige Fesselballone und Luftschiffe zu Versuchsfahrten dort gestartet.
Für uns ging es weiter zu unserem letzten Stopp, bevor es zu unserem Startpunkt zurück ging.
Gedenkort SA-Gefängnis Papestraße
In einem ehemaligen Wirtschaftsgebäude, dass für die Preußischen Eisenbahnregimenter erbaut worden war, befindet sich heute der Gedenkort SA-Gefängnis Papestraße.
Von März bis Dezember 1933 nutzte die SA dieses Gebäude als Konzentrationslager und Gefängnis. Hier inhaftierte, verhörte und folterte die Staatsmacht politische Gefangene, Juden und andere verfolgte Gruppen. Man kennt die Namen von etwa 500 Gefangenen, die in Nutzungszeit dort eingesessen haben. Die Anzahl von unbekannten Inhaftierten soll wesentlich höher sein.
Besuch der Gedenkstätte
Heute sind die oberen Räume im Gebäude vermietet und man kann die Gedenkstätte in den Kellerräumen kostenfrei besuchen. Über eine Treppe gelangt man in die Kellerräume, die fast noch genauso aussehen wie 1933. Diese Räume hat man als Haftzellen genutzt, man kann noch Kritzeleien, Zeichnungen, Datumsangaben und einzelne Wörter an den Wänden entdecken. Heute hängen an den Wänden Dokumente und Bilder. Zusätzlich machen Berichte von Inhaftierten das Geschehen an diesem Ort für den Besucher „lebendig“. Ich empfinde es als sehr bedrückend, durch die Räume zu gehen und von den Schicksalen zu lesen.
Für einen Besuch sollte man sich etwas Zeit nehmen. Die Informationen sind sehr umfangreich und gut dargestellt.
Adresse:
Gedenkort SA-Gefängnis Papestraße
Werner-Voß-Damm 54 a
12101 Berlin
Öffnungszeiten:
Dienstag, Mittwoch, Donnerstag, Samstag und Sonntag: 13 – 18 Uhr
Montag und Freitag geschlossen
Führungen
jeweils sonntags um 13 Uhr – kostenfrei und ohne Anmeldung
Eintrittspreise:
kostenfrei
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