Bei einem Streifzug durch Berlin Mitte gelangt man an den Schleusengraben, einem kleineren Spreekanal. Hier befindet sich die Jungfernbrücke, die die Friedrichsgracht mit der Unterwasserstraße verbindet.
Es wird so 1688 oder 1689 gewesen sein, da ließ Friedrich III. eine Brücke über den Spreekanal errichten. Der genaue Zeitpunkt ist nicht überliefert und erst knapp 100 Jahre später berichtete ein Chronist über diese Brücke. Hätte man zur damaligen Zeit gewusst, dass diese Brücke einmal etwas besonderes sein würde, würde man heute bestimmt mehr darüber lesen können.
So war es zu seiner Zeit „nur“ eine hölzerne Zugbrücke über den Spreekanal, die die Friedrichsgracht mit der Alten Leipziger Straße, die zum Stadttor führte, verband. Heute ist es die älteste erhaltene Brücke Berlins.
Steht man auf der Schleusenbrücke, blickt man den Schleusengraben hinunter und geht man am Ufer entlang, erreicht man schnell die Jungfernbrücke.
Wie die Jungfernbrücke zu ihrem Namen kam
Warum die Jungfernbrücke diesen Namen trägt ist nicht geklärt, aber es gibt so einige Legenden rund um die Namensentstehung.
Die Badeanstalt
In der Nähe der Brücke befand sich eine Flussbadeanstalt für Männer. Die Jungfern durften dort nicht hin und mussten an der Brücke zurück bleiben.
Das Bordell
In der Nähe der Brücke befand sich das älteste Bordell Berlins. Die „leichten Mädchen“ sollen sich an und auf der Brücke ihrer Kundschaft angeboten haben.
Der Hochzeitsbrauch
Die Braut musste nach der Hochzeit über die Brücke gehen. Knarrten die Holzbohlen auf der Brücke, zweifelte man ihre Jungfräulichkeit an. Schade nur, dass die Holzbohlen eigentlich immer knarrten.
Die Familie Blanchet
Der Gasthof „Französischer Hof“ befand sich direkt an der Brücke. Hier hatten Glaubensflüchtlinge aus Frankreich, so wie die Familie Blanchet, Unterkunft gefunden. Die Familie hatte neun Töchter, die in einer Bude an der Brücke feine Wäsche nähten und Kleidung reparierten. Sie waren wohl sehr gut in ihrer Arbeit und sie hatten einen hervorragenden Ruf in der Gegend. Einen besonderen Ruf genossen auch ihre spitzen Zungen, die Klatsch und Tratsch hemmungslos verbreiteten.
Wollte man seine Wäsche reparieren lassen oder sich auf den neusten Stand über das private Leben in der Stadt bringen lassen, ging man zu den Jungfern an der Brücke.
Der Mord
Es soll zu der Zeit des Kurfürsten Friedrich Wilhelms gewesen sein, als sich ein Mord an der Brücke ereignete.
Ein schönes junges Mädchen sollte einen reichen alten Mann heiraten. Sie hatte sich jedoch in einen Mann in ihrem Alter verliebt und wollte nichts von dem Alten wissen. Immer wieder verspottete sie den Alten, wenn er um sie warb.
Eines Tages zog man die Leiche des Mädchens aus dem Wasser und stellte fest, dass sie erwürgt worden war.
Man verdächtigte den jungen Freund des Mädchens. Schnell fand sich ein Zeuge, es war der abgewiesene alte Verehrer. Dieser sagte aus, dass das junge Paar sich an der Brücke gestritten hätte, der junge Bursche das Mädchen gewürgt und in den Fluss geworfen hätte.
Keiner glaubte den Unschuldsbeteuerungen des jungen Mannes, was seinen Tod bedeutete.
Ein alter blinder Mann, der an der Brücke wohnte, gab der Geschichte eine Wendung. Er hatte in der Tatnacht am Fenster gestanden und den Geräuschen der Nacht gelauscht. Auch er hatte einen Streit gehört, an dem das junge Mädchen beteiligt gewesen war. Allerdings stritt sie mit jemandem, der eine viel ältere und recht einzigartige Stimme hatte. Die Gegenüberstellung mit Zeugen und Beschuldigten brachte die Wahrheit ans Licht. Der Blinde erkannte die Stimme des alten Mannes, des Zeugen, eindeutig wieder. Mit ihm hatte das Mädchen gestritten. So konnte er die Unschuld des jungen Burschen beweisen, der freigelassen wurde.
Da das junge Mädchen eine Jungfer war, als man sie ermordete, nannte man die Brücke nun Jungfernbrücke.
Geschichte der Brücke
Bis zum Bau des Landwehrkanals 1850 und der Mühlendammschleuse 1890-93 war der Spreekanal die einzige innerstädtische Schifffahrtsverbindung zwischen Ober- und Unterspree.
Die ursprüngliche Brückenkonstruktion ersetzte am 1798 durch eine neue Brücke aus Holz und Eisen. Das Mittelteil der Brücke konnte über ein System von Ketten und Rädern angehoben werden. So konnten die Schiffe passieren.
Nachdem die Mühlendammschleuse 1937-39 erneuert und das Flussbett vertieft worden war, musste man das Fundament der Brücke erneuern und die Pfeiler um drei Meter verlängern. Zu dieser Zeit legte man den Klappmechanismus der Brücke still. Die zur Brücke führenden Rampen ersetzte man durch Stufen und so war die Brücke nur noch für Fußgänger nutzbar.
Bis heute ist die Brücke mehrfach renoviert und denkmaltechnisch bearbeitet worden. So ist es möglich auch heute noch über diese Brücke über den Schleusengraben zu gehen.
Helma Grimm
Die Legende : Der Hochzeitsbrauch ….gefällt mir am Besten