Der Flughafen Tempelhof war lange Zeit einer von drei Berliner Flughäfen. Er wurde 2008 endgültige geschlossen. Die Geschichte des Flughafens ist geprägt von Mythen und Geheimnissen, die bis heute zum Teil noch ungeklärt sind.
Wir haben nun schon zum dritten Mal an einer Führung durch das Flughafengelände teilgenommen. Ich bin mir sicher, es wird nicht das letzte Mal gewesen sein. Während der Führung haben wir nicht nur einen Teil des riesigen Geländes kennen gelernt, sondern auch viel über die Geschichte des Flughafens erfahren.
Flughafen Tempelhof – bis 1930
Der Flughafen Tempelhof ist auf dem ehemaligen Exerzierplatz dem Tempelhofer Feld gebaut worden. Schon 1909 fand hier der erste Motorflug statt, dem viele weitere Demonstrationsflüge folgten.
Nach dem ersten Weltkrieg regte sich zunächst kräftiger Widerstand gegen die Bebauung des Tempelhofer Feldes. Im Mai 1923 wurde dem Bau des Flughafens zugestimmt. Es entstanden zwei hölzerne Flugzeughallen und ein Stationsgebäude. Mit der Erteilung der Konzession begann, im Oktober 1923, der Flugbetrieb mit den ersten Flügen nach München und Danzig.
Schnell wurde der Bau des Flughafens vorangetrieben. Es entstanden weitere Hallen, ein Scheinwerferturm, eine Funkstation und ein Abfertigungsgebäude. Weltweit einzigartig war damals die Anbindung des Flughafens an die U-Bahn. Der neu eröffnete Bahnhof “Flughafen” (heute Paradestraße) wurde 1927 fertig. Später entstand noch ein Flughafenrestaurant, eine Besucherterrasse und ein Flughafenhotel.
Flughafen Tempelhof 1930 – 1945
1930 gehörte der Flughafen Tempelhof mit seinem Verkehrsaufkommen zu den 4 größten europäischen Flughäfen.
1935 erhielt Ernst Sagebiel den Auftrag einen Neubau zu erstellen, der den Vorstellungen der monumentalen Architektur der Nationalsozialisten entsprach. Es wurde ein Flughafen für 6 Millionen Passagiere im Jahr geplant. Dieser sollte auch als Militärflughafen nutzbar sein. Zusätzlich sollte das Gelände für Veranstaltungen der Nationalsozialisten genutzt werden, die hier zum Beispiel den Reichsflugtag abhalten wollten.
So sollten auf dem Dach des Gebäudes und auf Wällen am anderen Ende des Flugfeldes Tribünen für die Zuschauer errichtet werden. Die Dachkonstruktion entlang der Flugsteige, die bis zu 100000 Zuschauer tragen sollte, ist bis heute eine erstaunliche statische Leistung. Über Treppentürme sollten die Menschen hinauf geführt werden. Diese Treppen sind zum großen Teil noch immer im Rohbau und wurden nie genutzt.
1941 wurde das Gebäude fertig gestellt und das Flugfeld vergrößert. Der neue Haupteingang des Gebäudes lag nun am U-Bahnhof Kreuzberg, der kurzerhand in “Flughafen” (heute Platz der Luftbrücke) umbenannt wurde.
Während des zweiten Weltkrieges wurde Tempelhof zum größten Montagewerk für Kampfflugzeuge und Radargeräte. Viele der Arbeiter waren Zwangsarbeiter, die in Baracken auf dem Flugfeld lebten.
Für viele Berliner war der Flughafen während der Luftangriffe ein wichtiger Zufluchtsort. In den Kellern befinden sich noch heute zahlreiche Luftschutzbunker, die vielen Menschen, vor allem Kindern, das Leben gerettet haben. Einige der Räume haben wir während der Besichtigungstour angucken können. Die Räume waren zum Teil für Kinder reserviert, die von Krankenschwestern betreut wurden und nach den Bombenangriffen von den Eltern hoffentlich auch abgeholt werden konnten.
Die einzelnen Luftschutzbunker waren winzig klein und hatten neben einem ausgetüftelten Belüfungssystem auch Notausstiege. Zur “Erheiterung” und als Ablenkung waren die Wände der Räume mit Bildern und Zitaten von Wilhelm Busch bemalt. Vielleicht hat es ja geholfen, auf mich wirkt es eher noch bedrückender. Auch die Vorstellung, dass laut Zeitzeugen bis zu 90 Personen in einem so engen Raum saßen, lässt ein Bild an der Wand noch skurriler wirken.
Andere Luftschutzbunker unterhalb des Flughafens waren nicht so klein. In etwas größeren Bunkern, die bis zu 3 Etagen unter die Erde reichen, waren zum Teil Fertigungsanlagen für Flugzeuge, Filmarchive und Kraftwerke untergebracht. Später dienten sie zum Teil als Lagerräume der US-Armee.
Die Bauarbeiten am Flughafen liefen auch noch nach Kriegsbeginn weiter und bei Kriegsende 1945 war er immer noch nicht fertig gestellt.
Der Flughafenbau wurde überwiegend in Stahlbeton- oder Backsteinbauweise errichtet. Alle Sichtflächen wurden mit Natursteinplatten verkleidet. Viele Gebäudeteile blieben während des Krieges unzerstört. So auch die Eingangshalle. Diese war mit 15 Metern Deckenhöhe und 21 große Hallenfenster wirklich beeindruckend. Heute kann man, wenn man oberhalb der eingezogenen Zwischendecke steht, noch einen kleinen Eindruck von der Halle bekommen.
Dieses Bild zeigt nur einen kleinen Teil der Halle. Die Verkleidungen wurde nach Kriegsende zum Teil entfernt.
Eine Besonderheit des Flughafens ist eine unterirdisch verlaufende Straße und ein Eisenbahntunnel, die zur Versorgung des Flughafens mit Gütern gebaut wurden.
Hier fand am Ende des zweiten Weltkrieges die Endmontage von Flugzeugen statt.
Bei Kriegsende verweigerte der damalige Flughafenkommandant den Befehl Hitlers, die gesamte Anlage zu sprengen. Nur der Betonboden in der Abfertigungshalle wurde gesprengt und machte die Halle lange Zeit unbenutzbar.
Wie es mit dem Flughafen Tempelhof nach dem zweiten Weltkrieg weitergeht … der zweite Teil des Berichtes wird es euch verraten.
Adresse:
Flughafen Tempelhof,
Ehemaliger Flughafen Tempelhof,
Tempelhofer Damm 7,
12101 Berlin
Webseite
Günther Unrath
Hallo Susanne,
Ich bin aus purem Zufall auf Deine Tempelhofer Flughafen Story gestoßen.
Ganz große Klasse!!!
Ich bin immer wieder fasziniert, wenn geschichtlich bedeutende Orte in Ihrem heutigen, oft morbiden Zustand noch zu besichtigen sind. Im Geiste bildet sich eine lebendige Vorstellung wie sich einstmals Menschen an dem betreffenden Ort aufgehalten u. gewirkt haben.
Frühere Rennstrecken, verlassene Bahnhöfe, Fabrikationshallen, Schwimmbäder usw. usw. Da gibt es auf Entdeckungsreisen (falls man gut vorbereitet ist) so viele Gelegenheiten zur Besichtigung.
Vielen Dank
Günther
Susanne Jungbluth
Hallo Günther,
freut mich, wenn der Beitrag gefällt. Wir sind auch immer ganz begeistert, wenn wir “neue” alte Orte entdecken und die Geschichte dahinter erfahren.
Susanne
Michael
Hallo Susanne
dein Artikel ist spannend und ich könnte dir noch viel mehr erzählen, Ich habe jahrelang auf dem THF gearbeitet. Erst als Ziehvielangestellter bei der US-AIR_FORCE später bei der BFG. Was ich als Mitarbeiter in der Technikabteilung nicht kennen lernte, habe ich dann die letzten drei-vier Jahren vor Schließung des Hafens in der Schlüsselverwaltung kennen gelernt. Über 300000 Quadratmeter Bruttogeschoßfläche und über 5 Kilometer Versorgungsschächte mit zwei eigenen Heizwerken und einem eigenen Wasserwerk und eigene Stromerzeugung……..da kann man viel erzählen. Zur Zeit als die Americaner noch auf dem Hafen präsent waren gab es auch eine eigene Müllverbrennung, Gärtnerei, Gartenparzellen zum Anmieten, Sportplätze, Grillplätze, einen Schrottplatz für alte Autos, einen Schäfer für die Grünflächenpflege, einen Schießplatz, eine Werkstatt für KFZ-Hobbyschrauber, eine Sauna, einen PX, Bowlingbahn und noch vieles mehr. Ein Teil davon wird bei den Führungen, die man bei einem Berlinbesuch unbedingt mitmachen sollte, gezeigt.
Jetzt höre ich auf, sonst wird das hier noch ein Buch. Könnte noch über die Weser Flugzeugfirma oder den ausgebrannten Bunker im Heizwerk 1 erzählen.
Ich kann bis heute nicht verstehen das Herr Wowereit die Schließung des Flughafens derartig vorangetrieben hat und nicht warten konnte bis der neue BER eröffnet wird.
Ich war seit Schließung nie wieder auf dem Gelände, weil es weh tut wenn so ein Geschichtsträchtiges Berliner Bauwerk zum sterben und vergessen verurteilt ist.
Liebe Susanne – schreibe mehr und bleib am Ball – es lohnt sich
Gruss Micha
Susanne Jungbluth
Vielen Dank für deinen tollen Kommentar zu meinem Bericht. Ich werde mit Sicherheit weiter durch Berlin streifen und Erinnerungen hervorkramen, die sonst vielleicht vergessen werden. Mir geht es ähnlich mit dem Flughafen Gatow. Dort habe ich viele Jahre gejobbt und als ich in dem dortigen Museum war, sind jede Menge Erinnerungen hoch gekommen.
LG, Susanne
Nicolo
Liebe Susanne,
wenn ich “Flughafen” und “Berlin” lese, dann muss ich ja erstmal die Augen verdrehen. Aber hier geht es ja um den Tempelhof, der voller Geschichte steckt. Ich wusste nicht, dass man dort Führungen machen kann. Vor kurzem war ich in Kreuzberg und habe dort eine Führung mitgemacht. Nur so bekommt man ja erst richtig was von den Städten mit.
Bei einem meiner kommenden Berlin-Trips werde ich mal den Flughafen mit auf meine Liste schreiben. Das hört sich wirklich sehr spannend an.
Sonnige Grüße,
Nicolo
Susanne Jungbluth
Ja Berlin und seine Flughäfen…
Lieber Nicolo das Thema wird uns wohl immer begleiten. Eine Führung durch Kreuzberg kann ich mir auch spannend vorstellen. Es gibt, obwohl ich ja in Berlin seit meiner Geburt lebe, bestimmt noch 1000sende Orte, die ich noch nie gesehen haben. Aber ich arbeite daran meine Stadt besser kennen zu lernen.
Lieben Gruß, Susanne
Klaus Reuss
Hallo Susanne,
Reisen ist so viel mehr als Sonne, Strand oder schicke Restaurants. Ich finde es immer wieder toll, wenn dann Reiseblogs auch geschichtliche Themen ansprechen, die nicht einfach sind. Und Tempelhof ist ja komprimierte deutsche Geschichte zum Anfassen. War mir dessen vor deinem Artikel gar nicht so bewusst. Danke dir!
Viele Grüße
Susanne Jungbluth
Hallo Klaus,
Ich finde Sonne und Strand auch toll aber auf Dauer etwas “langweilig”. Wir genießen es neue Orte zu entdecken und die Geschichte einer Region zu erfahren.
Tempelhof ist einfach ein super interessanter Ort, der einfach nicht vergessen werden darf!
Lieben Gruß, Susanne
Anja
Hallo Susanne,
dein Artikel ist wirklich sehr interessant. So ein paar Eckdaten hatte ich zwar auch im Kopf und auch die Geschichte mit dem Bunker war mir bekannt aber so genau hatte ich mich bis dahin mit der Geschichte des Flughafens noch nicht beschäftigt. da Teil zwei nun auch fertig ist sage ich schnell tschüss und lese weiter.
Guß Anja
PS: Ich finde es toll, wenn es auf einem Reiseblog auch einmal um solche Themen geht:
Susanne Jungbluth
Hey Anja,
ich finde es gehört zum Thema Reisen dazu etwas von der Geschichte eines Ortes/Stadt zu erfahren. Es gibt gerade bei thematischen Führungen so viel zu entdecken, was man sonst nicht sehen kann. Der Flugplatz ist das beste Beispiel. In die Innenbereiche kommt man sonst nicht rein.
Lieben Gruß, Susanne
Luisa
Hallo Susanne,
das klingt ja wirklich spannend, ich wusste gar nicht, dass man den Flughafen besichtigen kann. Besonders faszinierend finde ich die unterirdische Straße sowie den Eisenbahntunnel. Sollte ich mal wieder nach Berlin fahren, kommt ein Besuch des Flughafens auf jeden Fall mit auf die Liste.
Viele Grüße
Luisa
Susanne Jungbluth
Hallo Luisa,
das solltest du auf jeden Fall machen. Es gibt dort so viel zu entdecken.
Lieben Gruß, Susanne
Ina
Hallo Susanne,
Ich war dieses Jahr das erste Mal am Tempelhof. Alleine das Flugfeld ist ja schon beeindruckend. Begeistert haben mich die vielen verschiedenen Aktionen, die dort stattfanden. Am besten war die Ecke für das Urban Gardening.
Das nächste Mal muß ich unbedingt eine Führung machen, das ist bestimmt unglaublich interessant.
Bin schon gespannt auf den nächsten Teil.
Lieben Gruß
Ina
Susanne Jungbluth
Hallo Ina,
es wird dort wirklich viel geboten. Das alte Flugfeld hat sich richtig zum Naherholungsgebiet gemausert. Wir haben dort zum Beispiel Kite-Land-Bording ausprobiert.
Danke für den netten Kommentar!
Barbara
Liebe Susanne,
ich war noch nie am Flughafen Tempelhof, habe mir aber sagen lassen, dass er ein echtes Highlight ist. Ich denke, ich weiß auch, worum es dann im zweiten Teil geht. Das ist wirklich sehr spannend! Danke für die Einblicke und Fotos!
Liebe Grüße
Barbara
Susanne Jungbluth
Eigentlich muss ich irgendwann sogar einen dritten Teil schreiben, der uns die heutige Nutzung des Flugfeldes näher bringt. Mal sehen…ich bin ja oft genug in der Ecke unterwegs, vielleicht schreibe ich dann mal dazu etwas.
Dank dir Barbara für deinen netten Kommentar!
Alexandra
Wow. Ich war schon zwei mal an diesem Flughafen habe aber noch nie eine Führung gemacht oder mich mit der Geschichte des Flughafens auseinander gesetzt. Vielen Dank für diesen tollen Beitrag! :) Ich habe viel gelernt!
Susanne Jungbluth
Liebe Alexandra, ich denke die Führung würde deinem Kind auch gefallen. Besonders die Führung durch die Bunker- und Schutzräume sind an einigen Stellen schon etwas spuki.
Lieben Gruß, Susanne
Anke
So Flughäfen sind ja immer spannend, besonders, wenn sie so eine Geschichte erzählen können wie Tempelhof
Susanne Jungbluth
Hey Anke, ich finde Flughäfen haben schon was. Wir gehen eigentlich immer auf die Besucherterrassen und beobachten das Treiben.
Grüße aus Berlin, Susanne