Kurz vor 10 Uhr wartete Holger unser Guide für die Tour “Sowjetisches Berlin II – Durch die Rote Metropole” von Berlins Taiga bereits am Hauptbahnhof auf uns. Mit ihm sollten wir uns in den nächsten 4 Stunden auf Entdeckungstour durch Berlin begeben und die Zeit des Kriegsendes und der sowjetischen Besatzung eintauchen.
Unser Weg führte uns zunächst durch das Regierungsviertel bis zum Berliner Reichstag. Hier erfuhren wir Details zur Erstürmung des Gebäudes durch die sowjetische Armee zum Ende des Zweiten Weltkrieges. Wusstet ihr, das das Foto, auf dem ein sowjetischer Soldat die Flagge auf den Reichstag stellt ein “Fakefoto” ist? Als die Flagge aufgestellt wurde, war es dunkel und erst später hat man bei Tageslicht diese Szene medienwirksam nachgestellt. Dabei hat man auch darauf geachtet, möglichst ein zerstörtes Berlin im Hintergrund ablichten zu können und zusätzlich Rauch in das Bild retuschiert.
Denkmal für die Sowjetischen Soldaten
Die Tour durch das sowjetische Berlin führte uns weiter zum Denkmal für die Sowjetischen Soldaten an der Straße des 17.Juni. Im Jahr 1945 hat man die Anlage im Gedenken an die im Zweiten Weltkrieg gefallenen Soldaten der Roten Armee errichtet. Hier befindet sich auch ein Soldatenfriedhof, der hinter dem Denkmal liegt. Unter einer Rasenfläche sollen etwa 2000 bis 2500 Soldaten begraben sein. Es gibt keine Grabsteine, nur auf den Säulen des Ehrenmals stehen Namen von gefallenen Soldaten.
Das Ehrenmal befand sich zur Zeit der Besatzung im britischen Sektor. Sowjetische Soldaten durften es aufgrund der Bestimmungen des Viermächtestatus dennoch bewachen. Nach dem Truppenabzug wurde die Anlage der Stadt Berlin übergeben, die ist durch von bilateralen Abkommen zur Erhaltung der Kriegsgräberstätte verpflichtet.
Ich finde das Denkmal beeindruckend, auch wenn ich, aufgrund der Lage und der vorbei strömenden Touristen, etwas den Ort des Gedenkens für die gefallenen Soldaten vermisse.
Fernsehturm
Unser Weg führte uns weiter durch das Brandenburger Tor, vorbei an der sowjetischen Botschaft bis zum Alexanderplatz. Von hier aus konnten wir nicht nur einen Blick auf das imposante Hochhaus des Park Inn by Radisson Berlin Alexanderplatz Hotels werfen, sondern auch auf den Berliner Fernsehturm.
Das heutige Park Inn by Radisson Hotel wurde 1970 am 21.Jahrestag der DDR eröffnet. Es besteht aus einem 39 geschossigen Hochhaus und einen dreigeschossigen Flachbau. Zu DDR Zeiten war hier auch schon ein Hotel, in dem bevorzugt die Delegationen des Warschauer Paktes untergebracht wurden. Das damalige Interhotel hatte 1982 Betten in 1006 Zimmern und bot seinen Gästen neben Friseur und anderen Serviceeinrichtungen auch einen Autoservice mit Werkstatt und Waschanlage. Es zählte zu den Vorzeigehäusern der DDR.
Der Berliner Fernsehturm ist eins der Wahrzeichen der Hauptstadt. Er ist 368 Meter hoch und damit das höchste Bauwerk Deutschlands und das vierthöchste freistehende Bauwerk Europas. Der Fernsehturm wurde 1969 von der Deutschen Post der DDR errichtet. Neben seiner Hauptfunktion als Rundfunksender für Hörfunk und Fernsehen ist der Fernsehturm auch ein Aussichtsturm mit einem Drehrestaurant. Seit 1979 steht er unter Denkmalschutz.
Der Berliner Fernsehturm unterscheidet sich durch seinen kugelförmigen Turmkopf von anderen Fernsehtürmen. Der sowjetische Satellit Sputnik ist hier als Ideenlieferant in die DDR Architektur eingeflossen. Damit griff die DDR die Erfolge des sowjetischen Weltraumprogramms auf.
Während ich so auf den Fernsehturm schaue, fällt mir auf, dass es höchste Zeit wird bei guter Sicht eine Fahrt in die Kugel zu unternehmen. Mein letzter Besuch ist schon so lange her, dass sich bei der rasanten Bautätigkeit in unserer Stadt bestimmt eine völlig neue Skyline entwickelt hat.
Haus des Lehrers
Auf der Karl-Marx-Allee, der früheren Stalinallee, führte uns Holger weiter durch das sowjetische Berlin. Am Haus des Lehrers, heute befinden sich hier Büroräume, konnten wir einen Blick auf die eindrucksvollen Mosaike werfen. 1964 wurde das Gebäude eingeweiht. Im Bereich der dritten und vierten Etage läuft ein Fries aus 800.000 Mosaiksteinen um das Haus. Walter Womacka hat hier in Anlehnung an mexikanische Wandbilder “Unser Leben” dargestellt. In typischen Szenen zeigt er das gesellschaftliche Leben der DDR.
Szenen aus der Wissenschaft und Forschung: Zu sehen sind ein Arzt, ein Chemiker und ein Ingenieur, Antennenmast und Parabolspiegel – die Welt der Technik.
Der Ostfries ist durch das Thema der Völkerfreundschaft geprägt. Menschen unterschiedlicher Ethien werden dargestellt, die den humanistischen und antifaschistischen Idealen des SED-Staates entsprachen.
Auf der Westseite des Gebäudes werden Szenen des Lebens der DDR dargestellt.
Mir gefallen die Darstellungen. Abgesehen von der Technik, die notwendig ist ein solches Mosaik zu erschaffen, sind die Motive so vielfältig, dass man immer wieder neue Details erkennen kann.
Seit etwa 1990 steht das Gebäude unter Denkmalschutz und wird so glücklicher Weise noch lange viele Besucher begeistern.
Cafe Moskau und Kino International
Der nächste Stopp war am Cafe Moskau und beim direkt auf der gegenüber Straßenseite liegende Kino International.
Vom Cafe Moskau hatte ich bereits gehört. Hier befand sich zu DDR Zeiten das Nobelrestaurant. Wer hier einen Platz bekommen konnte, durfte teuer essen. Am liebsten wurden Westbürger und die Soldaten der Westalliierten hier bedient, sie brachten Devisen ins Land.
Das Cafe Moskau war eins von 7 Nationalitätenrestaurants, die in sozialistischen Berlin entstanden sind. Als Zeichen der Brüderlichkeit zwischen der DDR und der Sowjetunion sollten die Bürger der DDR hier einen Einblick in die kulinarischen und kulturellen Gebräuche der Sowjetunion bekommen. Eröffnet wurde das Haus 1964 und neben dem Restaurant gab es ein Tanzcafé, eine Nachtbar und die Kunstgewerbe-Verkaufsstelle „Natascha. Das Haus war ein Treffpunkt für Schwarzmarkt-Aktivitäten und Spionagearbeiten.
Auf dem Dach des Hauses befindet sich der Nachbau des Sputniks, ein Geschenk der Botschaft der UdSSR.
Seit 1989 steht das Haus unter Denkmalschutz.
Mir gefällt besonders die Fassade des Cafe Moskaus. Hier ist ein Mosaik zu sehen, das Bert Heller geschaffen hat. Das Mosaik trägt den Namen „Aus dem Leben der Völker der Sowjetunion“ und zeigt viele kleine Szenen – vom Rentier bis zum Sputnik, die ich mit der Sowjetunion verbinde.
Auf der gegenüber liegenden Straßenseite befindet sich das Kino International. Bis 1989 ist dieses Kino als DDR-Premierenkino genutzt worden und steht seit Beginn des 21.Jahrhunderts unter Denkmalschutz. Das Kino konnte 1963 in Anwesenheit des Staatsratsvorsitzenden Walter Ulbricht mit dem sowjetischen Film “Optimistische Tragödien” eröffnet werden. In einem repräsentativen Raum des Hauses trafen sich Mitglieder der Staats- und Parteiführung vor und nach den Vorstellungen.
In der Nacht der Maueröffnung zeigte das Kino zum ersten Mal der Film “Cooming Out”, ein DEFA Film mit zentraler schwulen Thematik.
Entdeckungen auf der Karl-Marx-Allee
Während unseres Stadtrundganges durch das sowjetische Berlin sind wir an so vielen interessanten Punkten auf der Karl-Marx-Allee vorbei gekommen. Schaut man gut hin, kann man hier und da noch Überbleibsel der DDR Zeit entdecken, die von der Vergangenheit berichten.
So zum Beispiel die Werbung auf den Häusern:
Oder auch die beeindruckenden Bauten rund um den Straußberger Platz, die im Zuge des Neubaus nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden sind und als Sinnbild für die sowjetisch geprägte Bauweise gelten:
Bis hin zu der Büste von Karl Marx. Dieser hatte am Tag der Führung gerade Geburtstag. Eine ältere Frau legte liebevoll die Blumen zu seinen Ehren dort ab, als wir vorbei gelaufen sind.
Nach vielen Eindrücken ging es mit U- und S-Bahn weiter in der Treptower Park.
Sowjetische Berlin Endstation der Stadtführung: Ehrenmal im Treptower Park
Nach fast 4 Stunden sind wir am Endpunkt der Stadtführung durch das sowjetische Berlin angekommen. Das Sowjetische Ehrenmal im Treptower Park mit seiner eindrucksvollen Kulisse bietet, so finde ich, den Höhepunkt und krönenden Abschluss. Ein wirklich riesiges und bombastisch großes Ehrenmal und ein Friedhof für die gefallenden Sowjetischen Soldaten des zweiten Weltkrieges.
Ein wirklich beeindruckender Ort, der nun von mir alleine in Ruhe erkundet werden konnte.
Mir hat der Rundgang durch das sowjetische Berlin gut gefallen. Ich habe bekannte Orte unter einem neuen Gesichtspunkt betrachtet und neue Orte in Berlin entdeckt. Ich begebe mich bestimmt noch einmal auf Spurensuche.
Information:
Wer gerne eine der thematischen Stadtführungen von Berlins Taiga mitmachen möchte, findet auf der Webseite des Anbieters alle Termine und weitere Informationen.
Offenlegung: Die Teilnahme an der Stadtführung wurde mir von Berlins Taiga ermöglicht. Meine persönlichen Eindrücke über den Stadtrundgang sind in diesem Bericht zusammengefasst.
Julia Schwarzmann
Das ist eine tolle Zusammenfassung von den Berliner Sowjetischen Sehenswürdigkeiten. Leider ist hier das Sowjetische Ehrenmal in der Schönholzer Heide nicht genannt – das finde ich sehr schön, vor allem für Touristen, die öfters in der Hauptstadt waren und sich in Alexanderplatz und seiner Nähe schon gut auskennen. Für einen richtigen “DDR” Urlaub ist es auch empfehlenswert in einem Ostbezirk wie Pankow ein Hotel sich auszusuchen!
Susanne Jungbluth
Das kenne ich leider nicht – werde ich aber nachholen. Danke für den Tipp!
Nicole
In Berlin war ich jetzt auch schon ein paar Mal, habe dort aber noch längst nicht alles Gesehen. Dieses Jahr wollen wir noch einmal über ein Wochenende hin, dann uns aber mehr Zeit lassen und mehr entdecken. Finden deinen Beitrag recht interessant. Auch weil du etwas zu dem schreibst, was du siehst.
Alles liebe
Susanne Jungbluth
Ich lebe seit nun fast 50 Jahren in Berlin und kenne noch immer nicht alles. Aber wie man sieht, es wird stetig mehr.
LG, Susanne
Carmen
Wirklich ein sehr interessanter Beitrag.
Ich muss sagen, dass ich von Berlin nicht so begeistert war. Nach einem Monat dort wollte ich nur noch weg und genau das habe ich dann auch gemacht :D
Liebste Grüße
Carmen
Susanne Jungbluth
Hallo Carmen,
ich denke, es kommt echt darauf an, wo man in Berlin lebt. Ich würde auch nie in einige Bezirke ziehen, die mir einfach nicht gefallen. Mir würde allerdings der Rummel fehlen, wenn ich von hier wegziehen würde.
Lieben Gruß, Susanne