Wenn das satte Grün der Bäume den Blick in das Unterholz frei gibt, lohnt sich die Wanderung zur Friedhofsbahn besonders. Jetzt kann man die alten Gleisanlagen, vergessene Treppen und ungenutzte Brücken besonders gut entdecken.
Wir starten unsere Wanderung zur Friedhofsbahn in Kohlhasenbrück. Dort kann man gut mit der S-Bahn hinfahren. Wer mit dem Auto zum Startpunkt fährt, kann in den kleinen Straßen parken oder über die Nathanbrücke zu einem Waldparkplatz fahren.
Streckenverlauf der Wanderung zur Friedhofsbahn
Die Strecke ist etwa 8 Kilometer lang. Die Wege sind zum Teil naturbelassen, einige Wege sind breit und relativ eben.
Wir sind zu Fuß über die Nathanbrücke gegangen. Von dort kann man schon den ersten Blick auf den Teltowkanal genießen. Am Ufer führt ein schmaler Wanderweg entlang, dem wir zu unserem ersten Ziel gefolgt sind.
Auf der einen Seite glitzerte das Wasser in der winterlichen Sonne, auf der anderen Seite der Wald mit der ein oder anderen „Überraschung“. Waren die Biber doch erstaunlich aktiv und haben ihre Spuren hinterlassen.
Autobahnbrücke am alten Kontrollpunkt Dreilinden
Für viele Nicht- und Jung-Berliner ist es unvorstellbar, für uns war es jahrelang Realität – der Kontrollpunkt Dreilinden. Dieser und zwei weitere Kontrollpunkte mussten wir auf dem Weg von Berlin (West) nach Westdeutschland passieren, damit wir durch die DDR fahren konnten.
Bei unserer Wanderung kamen wir am ehemaligen Kontrollpunkt Dreilinden vorbei, der bis 1969 genutzt wurde. Später existierte ein Kontrollpunkt mit gleichem Namen (auch unter Checkpoint Bravo bekannt) an der heutigen A 115.
Schon von weitem konnten wir die Brücke sehen, die einst die Grenze zwischen West und Ost darstellte.
An der Grenze zwischen West-Berlin und der DDR richtete man in den 1950er Jahren an der damaligen Autobahn zwischen AVUS und Berliner Ring den Kontrollpunkt in der Berliner Ortslage Albrechts Teerofen ein. Dieser befand sich direkt an der Grenzbrücke über den Teltowkanal. 1969 verlegte die DDR die Autobahn und ein neuer Kontrollpunkt wurde eingerichtet.
Die Brücke blieb erhalten und auf Seiten der DDR verblieben auch die alten Grenzbefestigungen. Die alte Autobahn verlief im Niemandsland. Auf der West-Berliner Seite siedelte sich später ein Campingplatz auf dem Kontrollpunktgelände an. 1971 wurden die meisten Bauten der Kontrollstelle abgerissen, es verblieb das Raststättengebäude. Bäume wachsen heute auf der Brücke und für mich war es schon ein merkwürdiges Gefühl dort entlang zu gehen.
Nach der Grenzöffnung machte man die Brücke über den Teltowkanal wieder zugänglich. Die alte Autobahntrasse auf der Seite der ehemaligen DDR nutze man anfangs noch als Filmkulisse (Alarm für Cobra 11) und erst 1999/2000 trug man den Straßenbelag im Zuge von Renaturierungsmaßnahmen ab.
Für uns ist der Besuch an diesem Lost Place etwas ganz besonderes und wir sind eine ganze Weile dort umher gegangen. Der Gang über die inzwischen bewachsene Brücke ist ein Spaziergang zwischen Ost und West, der so für uns viele Jahre unmöglich war. Oft sind es nur Kleinigkeiten, wie ein leerer Stromkasten oder die einsam im Wald stehenden Fahnenmaste, die an die Vergangenheit erinnern. Schade, dass das alte Raststättengebäude Dreilinden heute verfällt. Es gehört eigentlich zu der Geschichte Berlins und müsste erhalten werden. Das Gelände steht auf der Denkmalliste des Landes Berlin und des Landkreises Potsdam-Mittelmark, was aber anscheinend nicht vor dem Verfall schützt.
Nachdem wir den Teltowkanal erneut überquert hatten, ging es noch etwas weiter entlang des Ufers, bis wir zu den verlassenen Gleisen der Friedhofsbahn gelangten.
Wanderung zur Friedhofsbahn
Mitten im Wald befindet sich heute ein Lost Place der ganz besonderen Art, die Überreste der Friedhofsbahn.
1913 eröffnete man die eingleisige Strecke von Berlin-Wannsee über Dreilinden nach Stahnsdorf und schloss sie an das Streckennetz der Berliner Stadt-, Ring- und Vorortbahnen an.
Beginnend am Bahnhof Berlin-Wannsee als Verlängerung des Gleis 4 fuhr die Bahn in Richtung Parforceheide, hielt nördlich von Dreilinden (einzige Zwischenhalt), unterquerte die Strecke der Stammbahn, überquerte den Teltowkanal und erreichte den Bahnhof in Stahnsdorf. Grund für die Streckenbauung und damit auch für den Namen Friedhofsbahn war die Anbindung des in Stahnsdorf liegenden Südwestkirchhofs.
Die Friedhofsbahn diente hauptsächlich der Beförderung von Toten zum Friedhof und natürlich der Friedhofsbesucher. So kam es zu sehr unterschiedlichen Auslastungen, die sich nach Wochen- und Feiertagen richteten. An den Sonntagen konnte man ein erhöhtes Aufkommen an Ausflüglern beobachten.
In der Zeit des Nationalsozialismus sah die Germania-Planung Speers vor, die Friedhofsbahn zweigleisig werden zu lassen und die Strecke zu verlängern. Man kann heute noch die bereits durchgeführten Baumaßnahmen im Straßenbild erkennen. In den letzten Tagen des Krieges sprengte man die Eisenbahnbrücke über den Teltowkanal.
Mit der Aufteilung Deutschlands durch die Siegermächte befand sich Dreilinden und Stahnsdorf im Sowjetischen Sektor, Wannsee lag im Amerikanischen Sektor. Anfangs fuhr die Bahn noch bis Dreilinden. Nachdem eine Behelfsbrücke über den Teltowkanal gebaut worden war, fuhren die Züge ab 1948 wieder bis nach Stahnsdorf.
Ab 1.6.1952 durften West-Berliner nur noch mit gültigem Passierschein in die DDR einreisen. Es fanden in Dreilinden umfangreiche Kontrollen statt, die auch die Güter- und Leichentransporte nach Stahnsdorf betrafen. Beisetzungen und Besuche auf dem Südwestkirchhof waren damit für die Bewohner West-Berlins fast unmöglich geworden. 1953 stellte die Bahn den Betrieb auf der Strecke ein. Auf Drängen der Evangelischen Kirchengemeinde nahm die Reichsbahn am 11.September 1954 den Betrieb wieder auf. Mit dem Bau der Berliner Mauer stellte man den Zugbetrieb am 13.8.1961 ein, die Gleisanlage etwa 300 Meter nördlich von Dreilinden wurde unterbrochen.
Heute ist nicht mehr viel von der ehemaligen Friedhofsbahn zu erkennen. Fast das gesamte Gleisbett ist abgebaut und die Bahntrasse im Laufe der Jahre immer mehr zugewachsen.
Läuft man diese Trasse entlang, kommt man an einer einsam im Wald stehenden Treppe vorbei. Diese führte einst auf den Bahnsteig, der noch gut sichtbar mitten im Wald zu sehen ist. Auf einem kleinen Streckenabschnitt befinden sich auch noch Eisenbahnschwellen, die unter einer Brücke verlaufen. Hier sind schon so einige Filmszenen gedreht worden und gerade im Herbst herrscht hier beinnahe eine mystische Stimmung.
Stammbahn Brücke im Düppler Forst
Die Tour führte uns weiter in Richtung Stammbahnbrücke. Diese überspannte einst einen Teil der Autobahn, die nach dem Bau der Mauer verlegt wurde.
Die Stammbahn wurde 1838 als erste Eisenbahnstrecke Preußens zwischen Berlin und Potsdam gebaut und bildete ab 1845 nach der Verlängerung bis Magdeburg eine wichtige Verkehrsader.
Im Zuge der Elektrifizierung der Stammbahnstrecke konnten die Berliner S-Bahnzüge nun auf die Stammbahnstrecke wechseln und Potsdam mit der S-Bahn von Berlin aus erreichbar. Durch kriegsbedingte Zerstörungen des Bahnhofes in Potsdam schloss man die Strecke und sie wurde auch nie wieder eröffnet. Die Gleisanlage im Bereich Brandenburg wurde abgebaut. Auf West-Berliner Seite fuhr anfangs noch ein Pendelverkehr zwischen Düppel und Zehlendorf. Hier kam das Aus durch den S-Bahn-Boykott in West Berlin. Die Züge gehörten der damaligen Reichsbahn und wurden von der DDR betrieben. 1980 legte man schließlich auch den letzten Streckenabschnitt still.
Heute hat die Natur sich das Gelände zurück erobert. Die einstigen Trassen sind zwar noch erkennbar, aber heute eine grüne Oase. Wir sind während unserer Wanderung an der alten Stammbahnbrücke vorbei gekommen. Graffitikünstler haben sie in bunten Farben verziert und wenn man Glück hat kann man den Sprayern bei der Arbeit über die Schulter gucken.
Wanderung zur Friedhofsbahn – Rückweg
Der Rückweg führte uns über Waldwege durch den Forst. Wir sind dabei etwas von der ursprünglich geplanten Strecke abgekommen und der Trampelpfad führte über Stock und Stein entlang der alten Bahntrasse. Wer es einfacher mag, sollte dem Königsweg folgen, der gut ausgeschildert ist.
Auf unserer Tour, die etwa 8 Kilometer lang war, sind wir nicht nur in Berlin, sondern auch im brandenburgischen Landkreis Potsdam-Mittelmark unterwegs gewesen. Ein toller Ausflug!
Davida Barbar
Sehr interessanter Artikel, gibt es geführte Wanderungen auf dieser lost places Strecke.
Es würde mich sehr interessieren.
Beste Grüße
Davida Barbar
Susanne Jungbluth
Ich habe leider keine gefunden.
Heinz Dieter Brandt
Ach, wie schön, diese alten Erinnerungen, wie oft in den 50er, 60er, 70er Jahren bin ich mit der Bahn gefahren
Susanne Jungbluth
Leider bin ich nie auf dieser Strecke unterwegs gewesen. Ich fand es aber sehr spannend die “Überreste” zu entdecken.