Fährt man auf dem Berliner S-Bahn-Ring kommt zur Station Messe Nord. Hier ist besonders zu Messezeiten viel los, von hier aus kommt man zum Messezentrum Berlin. Aber nicht nur das. Hier steht auch das ICC Berlin, der Berliner Funkturm, das Haus des Rundfunks und nicht weit entfernt befindet sich der Theodor-Heuss-Platz.
Bei einem kleinen Spaziergang kommt man an den unterschiedlichsten Gebäuden und Orten mit jeder Menge Berliner Geschichte vorbei.
ICC – Internationales Congress Centrum Berlin
1979 eröffnete in Berlin das ICC Berlin. Zu dieser Zeit zählte es zu den größten Kongresshäusern der Welt.
Für uns Berliner ist das „Raumschiff“, die „Arche Noah“, der „Panzerkreuzer Charlottenburg“ oder auch das „Alu-Monster“ mit seiner silbergrauen Aluminium-Fassade schon immer ein Gebäude mit Streitfaktor. Einige mochten den futuristischen Bau, andere sagten er würde das Stadtbild verschandeln.
Das ICC zählt architektonisch betrachtet zu den bedeuteten Gebäuden der Nachkriegszeit und war es mit etwa umgerechnet 1,07 Millionen Euro auch eins der teuersten Gebäude in West-Berlin. Der Bau ist 313 Meter lang, 89 Meter breit und 40 Meter hoch und steht wie ein Klotz direkt an der Stadtautobahn und den Messehallen. Ja und wirklich schön, so finde ich, ist das ICC nicht.
Gebaut wurde das Internationale Congress Centrum, als man merkte, dass die vorhandenen Kapazitäten der Kongressräume in der Berliner Kongresshalle (Schwangere Auster) im Tiergarten nicht mehr ausreichten und auch mit dem Gedanken West-Berlin als Kongressstandort auszubauen.
Es entstanden 80 Säle und Räume mit einer Kapazität von maximal 5000 Plätzen. Zahlreiche Veranstaltungen fanden hier statt.
Ich habe zum Beispiel mein allererstes Konzert hier erlebt. Mit einer Freundin und ihrer Mutter standen wir in den recht engen Sitzreihen eines Saals und versuchten, nach der Musik von Shakin Stevens zu tanzen. Hier merkte man, dass die Räume für Konzerte eigentlich nicht geeignet waren. Die Sessel in den Tagungsräumen verfügten zwar über eine Dolmetscherfunktion und Mikrofone, aber waren auf Tagungen und nicht auf Konzerte ausgerichtet. Woran ich mich noch erinnern kann, war die beeindruckende Eingangshalle, von der aus ein damals innovatives Wegeleitsystem zu den Räumen führte.
Die letzte Großveranstaltung, die hier stattgefunden hat, war 2014 die Daimler-Hauptversammlung. Danach wurde das Gebäude geschlossen.
Heute ist die Technik im Gebäude veraltet. Der Betreiber, die Messe Berlin, hat kein Interesse mehr an der weiteren Nutzung. Die Betriebskosten übersteigen die Einnahmen von Veranstaltungen.
Eine Planung das Gebäude abzureißen gab es, wurde aber von Teilen der Berliner Politik abgelehnt.
2015 brachte man über 500 Flüchtlinge vorübergehend im ICC unter, anschließend nutzte man es als zentrale Anlaufstelle für Asylbewerber.
Im September 2019 stellte man das Internationale Congress Centrum unter Denkmalschutz. Ob es inzwischen ein Konzept zur Weiternutzung gibt, ist mir nicht bekannt. Zur Zeit steht das Gebäude leer.
Das ICC ist bereits mehrfach als Filmdrehort genutzt worden. So entstand in der Haupthalle zum Beispiel der Krimi The International.
Unterführung Messedamm/Masurenallee
Die Kreuzung, an der das ICC steht gehört zu den Kreuzungen, die ich als Autofahrer nicht so mag. Das liegt weniger an der Verkehrsführung, sondern vielmehr an den Fußgängern.
Hier gibt es keine Fußgängerampeln, sondern eine Unterführung. Leider scheint es oft zu viel verlangt zu sein, einen der Eingänge zu nutzen, es wird einfach über die Straße gerannt.
Dabei verpasst man einen wirklich interessanten Ort. Die Personenunterführung ist orange gefliest und recht großzügig dimensioniert. Hier sind schon zahlreiche Filme gedreht worden: Das Bourne Ultimatum, Wer ist Hanna?, Die Tribute von Panem (Mockingjay Teil 2), The First Avenger (Civil War) und Atomic Blonde. Jedes Mal, wenn ich hier durch gehe, habe ich die Szene im Kopf, in der Katniss in Tribute von Panem durch diese Passage rennt. Zu gerne hätte ich die Dreharbeiten dazu verfolgt.
Kommt man dann auf der anderen Seite der Unterführung wieder ans Tageslicht, steht man vor den Messehalle der Messe Berlin und dem Berliner Funkturm.
Berliner Funkturm
Wenn ich mit meinen Eltern, nach einer schier endlos langen Autofahrt über die Transitstrecke, die DDR verlassen hatte und über die AVUS in Richtung Charlottenburg fuhr, warteten wir schon immer darauf das Wahrzeichen von West-Berlin zu sehen – den Funkturm. Und noch heute kommt mir, sehr zur Freude Patricks, jedes Mal über die Lippen „ich seh‘ den Funkturm, wir sind gleich zu Hause“.
1926 zur 3.Deutschen Funkausstellung wird die Stahlkonstruktion des Funkturms auf dem Messegelände eingeweiht. Liebevoll wird er seit dieser Zeit als „Langer Lulatsch“ bezeichnet.
Noch im gleichen Jahr werden vom Sendemast aus Hörfunkprogramme, ab 1929 auch Fernsehtestsendungen ausgestrahlt. Auch die weltweit erste Fernsehsendung kam 1932 vom Berliner Funkturm.
Seit dieser Zeit zieht der Berliner Funkturm die Besucher fast magisch an. 1930 besuchte zum Beispiel Albert Einstein das Bauwerk und hielt zur Funkausstellung eine Rede.
1935, bei einem Brand der Messehallen, griff das Feuer auch auf den Funkturm über. Teile des Turms wurden zerstört. Später beschädigen Kriegsgranaten den Turm, zeitweise stand er nur noch auf 3 Hauptstreben, aber er stand! Nach dem Krieg wurde der Funkturm repariert und diente noch lange Zeit als Sendemast. Heute wird er als Sendemast für Landfunkdienste genutzt.
Seit 1961 steht der Berliner Funkturm unter Denkmalschutz.
150 Meter ist der Berliner Funkturm hoch. Bei stärkerem Wind schwankt die Turmspitze fast 40 Zentimeter.
Auf 126 Meter Höhe befindet sich eine Aussichtsplattform, die man per Fahrstuhl erreichen kann. Mein letzter Besuch dort oben liegt leider schon recht lange zurück. Aber ich kann mich sehr gut erinnern, dass der Ausblick sensationell gewesen ist.
Wer gerne in luftiger Höhe stilvoll essen gehen möchte, kann im Funkturm-Restaurant in 55 Meter Höhe speisen und dabei den Blick über die Stadt genießen. Das besondere des Restaurants, man sitzt in einer originalgetreue Jugendstileinrichtung und genießt den nostalgischen Charme der Zwanziger Jahre.
Öffnungszeiten:
Aussichtsplattform
Dienstag – Freitag: 14-22 Uhr
Samstag, Sonntag: 11-22 Uhr
Montag: geschlossen
Achtung! Es kann witterungsbedingte Schließungen geben.
Eintrittspreise:
Aussichtsplattform
Erwachsene: 6,-€
Restaurant:
Erwachsene: 3,-€
Bei Messen oder Veranstaltungen ist der Zugang ggf. eingeschränkt oder nur in Verbindung mit einem Messeticket möglich.
Im Sommer finden regelmäßig Wartungsarbeiten statt, den den Zugang zum Turm nicht möglich machen.
Messegelände Berlin
Nach dem Blick hoch hinauf zum Funkturm führt mich der Weg weiter am Messegelände entlang.
Am Hammarskjöldplatz an der Masurenallee befindet sich der Eingang Nord des Messegeländes. Der Eingang Nord, die sogenannte Ehrenhalle, stammt aus dem Jahr 1936 und wurde von Ermisch erbaut. Die Halle ist von außen mit ihren fast 42 Metern Länge, 21,4 Metern Breite und fast 32 Metern Höhe recht imposant. Der Stahlskelettbau ist mit Natursandstein verkleidet und hat hohe rechteckige Fensterflächen. Rechts und links der Ehrenhalle befinden sich weitere Messehallen.
Wenn man bei Veranstaltungen in der Halle steht, merkt man erst, wie groß dieser Raum wirklich ist.
Dieser Ort hat nicht nur jede Menge Geschichte erlebt, sondern ist bis heute Schauplatz von Messen, Galaveranstaltungen und Empfängen.
Haus des Rundfunks
Direkt gegenüber des Haupteingangs der Messehallen steht das Haus des Rundfunks. Es handelt sich um das erste Rundfunkgebäude Europas und wurde nach Plänen von Hans Poelzig 1931 errichtet. Es zählt zu den schönsten Beispielen des modernen Bauens in der Stadt. Mich beeindruckt immer wieder die Fassade aus schwarzem Klinkerstein und rotbrauen Keramikfliesen.
Von hier aus sendete ab 1931 die Funk-Stunde Berlin, die Deutsche Welle GmbH (ab 1933: Deutschlandsender) und die Reichs-Rundfunk-Gesellschaft. Auch das erste deutsche Fernsehprogramm strahlte man von hier aus.Von 1939 bis 1945 war das Haus des Rundfunks die Zentrale des Großdeutschen Rundfunks.
Anfang Mai 1945 besetzte die Rote Armee das vom Krieg verschont gebliebene Gebäude und sendete zunächst erste Aufrufe und Nachrichten. Mitte Mai konnte wieder ein normaler Sendebetrieb aufgenommen werden.
Obwohl das Gebäude nach der Aufteilung der Stadt in die vier Sektoren im britischen Sektor lag, nutzten bis 1950 die Sowjets die Anlage. Sie bauten in dieser Zeit heimlich die technische Einrichtungen ab und brachten diese in ihren Sektor.
Erst 1956 übergab die sowjetische Militärkommandantur an der Berliner Senat. Das Gebäude musste renoviert und mit neuer Technik ausgestattet werden. 1957 konnte der Sender Freies Berlin (SFB) mit der Ausstrahlung seines Programm beginnen. 2003 fusionierte der SFB mit dem Ostdeutschen Rundfunk Brandenburg zu Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb).
Bis heute bietet das Haus ideale Bedingungen für den Hörfunkbetrieb. Die Büro- und Redaktionsräume liegen zu den Außenseiten des Gebäudes. Diese bilden fast ein Dreieck um die Studiokomplexe, die im Inneren liegen und so fast vollständig vom Straßenlärm abgeschottet sind. Der Große Sendesaal ging schon 1931 in Betrieb. Noch heute wird man in das Jahr 1959 zurück versetzt, wenn man ihn betritt. Die Wandvertäfelung ist noch erhalten und auch die 1081 Klappsitze stammen aus dieser Zeit. Sie sind so hergestellt worden, dass auch bei leerem Saal der Ton fast genauso klingt, wie bei voll besetzten Stühlen. Noch weiter zurück versetzt in der Zeit ist man, wenn man den Kleinen Sendesaal betritt. Er befindet sich noch immer in dem Zustand von 1931.
Direkt neben dem Haus des Rundfunks steht der neuere Erweiterungsbau aus dem Jahr 1961-71. Die kubischen Baukörper geben dem Stahlbetonbau ein charakteristisches Aussehen und machen ihn zu einem unverkennbaren Bauwerk in Berlin.
Bei meinem kleinen Spaziergang in Richtung Theodor-Heuss-Platz bin ich vor dem Gebäude auf einen alten Bekannten getroffen – das Sandmännchen! Hier sitzt es allerdings alleine und gut geschützt vor Viren auf einer Bank und seine Freunde sind sind wie in Erfurt in der näheren Umgebung zu finden.
Theodor-Heuss-Platz
Mein Spaziergang endete am Theodor-Heuss-Platz.
Der 1904 angelegte Platz hatte im Laufe der Geschichte so einige Name:
1904-1933 Reichskanzlerplatz
1933-1947 Adolf-Hitler-Platz
1947-1963 Reichskanlzerplatz
1963 bis heute Theodor-Heuss-Platz, benannt nach dem ersten Bundespräsidenten Deutschlands
Der Platz war 1904 zunächst unbebaut, es gab aber schon zu dieser Zeit am Nordostende den Eingang zum U-Bahnhof. In den Plänen von Speer sollte der Platz das Westende der Ost-West-Achse, von Monumentalbauten umgeben und mit einem Denkmal von Mussolini versehen werden. Die Bauten entstanden nie.
Steht man auf dem Theodor-Heuss-Platz kann man in Richtung Westen die gradlinig verlaufende Heerstraße und in Richtung Osten den Kaiserdamm, Bismarckstraße, Straße des 17.Juni mit Siegessäule und Brandenburger Tor herunter sehen.
Auf dem Platz steht eine auffällige Brunnenskulptur in Form eines blauen Obelisken, die mir allerdings noch nie wirklich gefallen hat.
Für mich als Kind schon immer ein Hauptanziehungspunkt ist die „Ewige Flamme“ auf dem Theodor-Heuss-Platz. Das Denkmal hat man für die Opfer von Flucht und Vertreibung 1955 errichtet. Hier brennt, seit ich denken kann, eine Flamme und jedes Jahr am 31.August zum Tag der Heimat erfolgt eine Kranzniederlegung.
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