Insgesamt 6 Berliner Friedhöfe befinden sich auf dem zusammenhängenden Gelände der Friedhöfe vor dem Halleschen Tor zwischen Mehringdamm und Zossener Straße in Berlin-Kreuzberg.
Anfang des 18.Jahrhunderts befanden sich die Friedhöfe vor dem Halleschen Tor noch vor der Berliner Zollmauer, lagen also außerhalb der Stadt. Guckt man sich heute den Plan des Friedhofes an, wird man folgende einzelne Friedhöfe erkennen:
- Friedhöfe I, II, III der Jerusalems- und Neuen Kirchengemeinde
- Friedhof I der Dreifaltigkeitsgemeinde
- Friedhof der Bethlehems- oder Böhmischen Gemeinde
- Friedhof der Brüdergemeine Berlin (Herrnhuter Brüdergemeine, 1826)
Das Friedhofsgelände existiert allerdings nicht mehr in voller Größe. Mitte der 1950er Jahre hat man die Amerika-Gedenkbibliothek gebaut. Dadurch kam es zur Verlegung des Nordeingangs zum Gelände. Später musste aufgrund von Straßenverlegungen ein Teil der Gräber eingeebnet werden und vom Böhmischen Gottesacker sind nur noch das Eingangstor und einige wenige Gräber erhalten geblieben.
Friedhöfe vor dem Halleschen Tor – ein Rundgang
Ich habe das große Gelände der Friedhöfe vor dem Halleschen Tor von der Zossener Straße aus betreten und stehe zunächst auf dem Bereich Friedhof I der Jerusalems- und Neuen Kirchengemeinde. Während des Rundgangs gab es nur wenige Stellen, wo ich bewußt gemerkt habe, dass ich in einen anderen Bereich des Friedhofes gewechselt habe. Dieses war immer dann der Fall, wenn der Weg durch eine Öffnung einer Mauer führte. Viele Gräber haben beeindruckende alte Grabsteine, zum Teil mit künstlerisch interessanten Steinmetzarbeiten, die wenigsten Gräber sind einfach und schlicht gehalten.
Wie auf fast allen Berliner Friedhöfen gibt es auch hier zahlreiche Ehrengräber, in denen bekannte Persönlichkeiten begraben sind, aber man findet auch viele Grabstellen von vielleicht weniger bekannten Persönlichkeiten, die alt und sehr gut erhalten sind.
Friedhof I, II und III der Jerusalems- und Neuen Kirchengemeinde
Schon 1755, also nur vier Jahrzehnte nach der Eröffnung des ersten Friedhofs der beiden Gemeinden, reichte der Platz für neue Grabstellen nicht mehr aus. Man kaufte weitere Flächen auf und errichtete eine eigene Umfassungsmauer. An dieser Mauer entstanden in den nächsten Jahren zahlreiche Erbbegräbnisse in Gestalt von Wandgräbern und einige Mausoleen.
Der Bereich II des Friedhofes ist gut 7000 m² groß und ist nur über den Friedhof I erreichbar. Die ältesten Grabstätten stammen aus dem frühen 19. Jahrhundert. Viele der erhaltenen alten Grabmäler zählen heute zu den künstlerisch und kulturhistorisch bemerkenswerten Arbeiten, wie zum Beispiel das Grabdenkmal für Else von Falkenberg, ein Werk von Walter Schott, dass einen freistehenden, offenen Ädikula mit auf einem Sarkophag liegender Frauenfigur zeigt.
Auch das Mausoleum der Familie von Caro nach einem Entwurf von Kayser & von Großheim wird für die Entstehungszeit als außergewöhnlich angesehen.
Die letzte Erweiterung der gesamten Friedhofsanlage erfolgte 1819 durch Friedhof III der Jersusalem- und Neuen Kirchengemeinde. Bei meinem Rundgang durch diesen Bereich des Friedhofes habe ich einige interessante Grabstätten gefunden.
Wie zum Beispiel das Grab von E. T. A. Hoffmann, der Familie Schering und Carl von Siemens.
Friedhof I der Dreifaltigkeitsgemeinde
Der Friedhof der Dreifaltigkeitsgemeinde ist um 1742 vor den Toren Berlins angelegt worden. Dieses Friedhofsgelände ist begrenzt durch die anderen Friedhöfe.
In einer ehemaligen Kapelle befindet sich heute eine Ausstellung über die Familie Mendelssohn, deren Gräber auch hier auf dem Friedhof zu sehen sind.
Friedhof der Bethlehems- oder Böhmischen Gemeinde
Kaiser Karl VI. betrieb in Böhmen eine Rekatholisierungspolitik, die zur Folge hatte, dass es zu einer Fluchtbewegung aus der Region kam. Ende der 1720er Jahre gestattete König Friedrich Wilhelm I. protestantischen Flüchtlingen aus Böhmen sich in Berlin niederzulassen. Sie erhielten auch die Erlaubnis ihre Religion frei auszuüben. Die meisten Neubürger zog es in die Friedrichstadt. Es waren überwiegend Handwerker, die nur tschechisch sprachen. So war es auch nicht verwunderlich, dass es aufgrund der Sprachbarriere zur Gründung einer eigenen Gemeinde, der Bethlehemsgemeinde, kam.
Die Beerdigungen der Gemeindemitglieder fand zunächst auf dem Friedhof der Jerusalems- und Neuen Kirche statt. Die Gemeindemitglieder der Bethlehemsgemeinde fühlten sich dort jedoch von den Totengräbern schikaniert und drängten darauf eigene „Böhmer Begrabungen“ mit eigenen Totengräbern einrichten zu dürfen. 1736 erhielten sie dafür die Genehmigung, der Friedhof konnte dann 1740 genutzt werden.
Heute beträgt die Fläche des Alleenquartierfriedhofes etwa 5000 m² und ist in drei Grabfelder unterteilt. Im Gegensatz zu den anderen Friedhöfen findet man hier viele Gittergrabanlagen. An den umgebenden Mauern entstanden zahlreiche Wandgräber, die relativ schlicht gehalten sind. Rein kunsthistorisch betrachtet, findet man in diesem Bereich des Friedhofes wesentlich weniger Grabmale, die wirklich auffallen. Die auffälligste Grabanlage ist vom Künstler Kurt Mühlenhaupt (1921-2006) für sich und seine Familie gestaltet worden.
Gottesacker der Brüdergemeine
Ein Teil der in Berlin ankommenden Glaubensflüchtlinge schlossen sich damals nicht der neu entstandenen Bethlehemsgemeinde an. Sie gehörten der Herrenhuter Brüdergemeine an. Diese selbständige evangelische Freikirche hatte ihren Sitz in der Oberlausitz. Einen Teil des Geländes der Bethlehemsgemeide übernahm die Brüdergemeine und richtete dort ihren Gottesacker ein.
Durch ein Eingangstor konnte man das Gelände betreten, dass sich optisch vollkommen von dem übrigen Friedhof unterschied. Es war keine individuelle Grabgestaltung erlaubt. Die Gräber ordnete man nach „Brüdern“ und „Schwestern“ getrennt voneinander an und sie waren durch kleine Efeu bewachsene Hügel zu erkennen.
1952 schloss man den Friedhof und begann nach und nach das Gelände einzuebnen. Heute sind nur noch vier Gräber an ihrem ursprünglichen Ort, andere Gräber hat man umgebettet (Grund: Straßenbau und Verkleinerung des Friedhofes). Erhalten geblieben ist ein Teil des schmiedeeisernen Gitters, das den Gottesacker der Brüdergemeine von den angrenzenden Friedhöfen abtrennte, sowie das südliche Eingangstor mit breitem Dreiecksgiebel, das um 1880 entstanden ist. Blickt man heute durch den Zaun, kann man noch immer viel Efeu erkennen, aber Gräber konnte ich nicht wirklich ausmachen.
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