Die Museumsinsel in Berlin-Mitte ist für jeden Kunst- und Kulturliebhaber eine der Anlaufstellen in Berlin. Mehrere Museen mit Dauer- und temporären Ausstellung locken – mich lockte das Pergamonmuseum.
Als Jugendliche war ich mit der Schule und dem Geschichtskurs (und das war ein aufregender Besuch von West nach Ost Berlin) im Pergamonmuseum. Danach fiel ein weiterer Besuch immer wieder dem „Berlin, können wir später machen, wir wohnen ja hier“ zum Opfer. Umso mehr freute ich mich auf den Besuch im Museum.
Gut, dass ich vorher online nachgeguckt hatte, wo der Eingang zum Museum ist (wer ins Pergamonmuseum möchte, muss den oberen Eingang zur James-Simon-Galerie wählen.). Aufgrund der Umgestaltungsmaßnahmen auf der Museumsinsel im Rahmen des „Masterplans Museumsinsel“ wird das Pergamonmuseum seit 2013 abschnittsweise museumsaniert. Dadurch sind immer wieder Bereiche geschlossen, was aber einem Besuch auf keinen Fall unattraktiver macht. Es gibt so viel zu sehen, dass der Besuch einer reduzierten Ausstellung seine Zeit dauert und man mit wahnsinnig vielen Eindrücken das Gebäude verlässt.
Kurze geschichtliche Entwicklung
Das erste Pergamonmuseum in Berlin weiht Kaiser Wilhelm II. 1901 ein. Leider stand der Bau nicht sehr lange, er musste bereits 1908 abgerissen werden. Die dort gezeigten Exponate stellte man zunächst in der Säulenhalle des Neuen Museums aus.
Die Bauarbeiten für den neuen Museumsbau begannen 1910, mussten aufgrund des Ersten Weltkrieges, der Novemberrevolution und der Inflation jedoch immer weiter verschoben werden. Erst 1930 war der Bau der neuen Dreiflügelanlage abgeschlossen. Der fensterlose Mittelbau befindet sich am Ende eines Vorhofes. Die zur Stirnseite verbreiterten Seitenflügel schließen sich an den Mittelbau an. Die Seiten zur Spree (Schauseite) sind durch eine Halbsäulenreihe geprägt.
Im Zweiten Weltkrieg kam es bei Luftangriffen zu schweren Treffern am Pergamonmuseum. Zum Glück hatte man viele Ausstellungsstücke an sicheren Orten eingelagert und die Monumentalstücke zum Großen Teil eingemauert. So waren die Schäden geringer als befürchtet.
Die Rote Armee transportierte nach der Beendigung des Krieges 1945 viele Exponate ab und brachte diese nach Moskau und Leningrad. 1957 und 1958 gaben sie einen Großteil der Bestände zurück.
1954 eröffnete nach umfangreichen Restaurierungsarbeiten der erste Saal der Antikenabteilung, der Miletsaal, wieder. Nach und nach folgten weitere Bereiche der Museen. Der Pergamonaltar konnte wieder aufgebaut werden. Im Pergamonmuseum kamen die Antikensammlung, das Vorderasiatische Museum, das Museum für Islamische Kunst, die in der DDR neu gegründete Ostasiatische Abteilung und das Museum für deutsche Volkskunde unter. Die Ostasiatische Abteilung und das Museum für deutsche Volkskunde zogen zu Beginn der 1990er Jahre nach Dahlem.
Was kann man im Perganmonmuseum sehen?
Das Pergamonmuseum enthält Sammlungen dreier Museen: der Antikensammlung, des Museums für Islamische Kunst und des Vorderasiatischen Museums.
Ich war Anfang 2021 im Pergamonmuseum, also noch mitten in der Umbauphase. In dieser Zeit werden immer Abschnitte des Ausstellungsgebäudes abgesperrt und saniert. Bei meinem Besuch war der Bereich des Antikenmuseums mit dem Pergamonaltars nicht geöffnet. Das war natürlich schade, aber ist natürlich ein guter Grund zu einem späteren Zeitpunkt erneut das Museum zu besuchen. Ein kleiner Tipp: Ein Besuch in dem temporären Ausstellungsgebäude „Pergamonmuseum. Das Panorama“ ist eine tolle Ergänzung zum Besuch des Pergamonmuseums und zeigt einen ganz anderen Einblick zum Thema Pergamon und Pergamonaltar.
Vorderasiatische Museum im Pergamonmuseum
Im Vorderasiatischen Museum werden Exponate aus archäologischen Grabungen deutscher Wissenschaftler gezeigt. Die monumentale Baudenkmäler, Reliefs und auch kleinere Kult-, Schmuck- und Gebrauchsgegenstände sind im Bereich der sumerischen, babylonischen und assyrischen Hochkulturen ausgegraben worden.
Mitte des 19.Jahrhunderts kamen die ersten Exponate nach Berlin, die dann mit der Eröffnung des neuen Baus des Pergamonmuseums dort einzogen. Zuerst konnten die Besucher die Prozessionsstraße und das Ischtar-Tor besichtigen, die bis heute zu den Hauptanziehungspunkten des Museums zählen.
Blick in die Vergangenheit
Doch bevor ich zu dem Ischtar-Tor gelange, führt mich mein Weg durch einen Museumsbereich, der mir beeindruckende Exponate präsentiert.
Besonders gut gefällt mir eine Reliefplatte, die einen Strauss oder Emu und einen Hirsch zeigt. Ich finde die Abbildungen sehr detailgetreu, wundere mich aber über die Darstellung des Vogels. Ich hätte eher das Abbild eines Raubvogels oder von Menschen erwartet.
So wie zum Beispiel auf dem Exponat, dass einen königlicher Schreiber mit Klapptafel vor dem Fürsten darstellt. Die Abbildung stammt etwa aus der Zeit um 730 v. Chr.. Ich bin begeistert von den handwerklichen Fähigkeiten, die hier zu sehen sind. Was für eine Detailgenauigkeit und, so finde ich, Formschönheit der Abbildung. Wirklich wunderschön!
Begeistert bin ich auch von den großen Tierfiguren, die aus riesigen Steinblöcken gefertigt wurden. Der Raubvogel, der etwa aus dem 10./9. Jahrhundert v. Chr. stammt, hat zwar einen recht dicken Bauch, aber der Kopf ist mit dem gekrümmten Schnabel und den vorstehenden Augen wirklich kunstvoll ausgearbeitet. Warum die Augen so vorstehen, ist mir nicht ganz klar. Vielleicht um den scharfen Blick zu symbolisieren? Der Künstler wird sich auf jeden Fall etwas dabei gedacht haben.
Auch die großen Torlöwen, die einst den Eingang zu einer Zitadelle bewachten, gefallen mir sehr.
Aber nicht nur reale Tiere schufen die Künstler in der Vergangenheit. Ich entdecke in der Ausstellung im Pergamonmuseum auch zwei riesige menschenköpfige Mischwesen. Sie bewachten einst den Eingang zu dem Palastraum. Wenn man auf dem Foto die linke Figur etwas genauer betrachtet, fällt auf, dass die Figur 5 Beine hat. Das ist keine Fehlbildung oder ein Merkmal des Mischwesens. Der Künstler stellte mit Absicht 5 Beine dar. Stellt man sich frontal vor die lange Seite der Figur sieht man anatomisch korrekt 4 Beine und auch wenn man an der schmalen Seite steht, sind nur 2 Vorderbeine sichtbar. Ein seitlicher Blick war anscheinend nicht vorgesehen.
Mich beeindrucken aber nicht nur die figürlichen Darstellungen. Das Stiftmosaik aus der Tempelanlage Eanna (Uruk) finde ich wunderschön. Hier haben die Baumeister in der 2.Hälfte des 4.Jahrtausends v. Chr. die lehmverputzten Wände des Tempels mit Stiften versehen, die sie zu geometrischen Mustern gelegt haben.
Ischtar-Tor und die Prozessionsstraße von Babylon
Als ich den nächsten Abschnitt der Ausstellung betrete, bleibe ich bewundernd stehen. Ich befinde mit auf der Prozessionsstraße von Babylon, die mich zum Ischtar-Tor bringt. Mein erster Gedanke – wunderschön!!!!!
In der Herrschaftszeit von Nebukadnezar II. (605–562 v. Chr.) in Babylon ist dieses beeindruckende Bauwerk errichtet worden. Die Prozessionsstraße war der nördliche Zugang zur Stadt und führte durch das Ischtar-Tor durch die Innenstadt bis an die Euphratbrücke. Vor dem Tor sollen etwa 250 Meter der Straße gelegen haben. Im Pergamonmuseum werden knapp 8 Meter der rekonstruierten Straßenfresken gezeigt.
Nachdem 1851-54 die ersten Glasurziegelbrocken entdeckt waren, konnte 1899 mit einer Grabung begonnen werden. Dabei fand man weitere Reste farbig glasierter Ziegelbruchstücke, die Reliefs von Stieren und schlangenähnlichen Tieren zeigten. Es gelang die Überreste des Tors freizulegen.
Die Berliner Museen konnten die osmanischen Altertümerverwaltung in Konstantinopel überzeugen, dass die Fundstücke zur „sachgemäßen Behandlung und Zusammensetzung“ nach Berlin gebracht werden sollten. Zunächst reisten 399 Kisten in die Stadt, später folgten weitere 400 Kisten. Man begann Tausende von Bruchstücken zu sortieren und zusammenzusetzen. 1930 war es schließlich geschafft und ein Teil der Prozessionsstraße und des Tors konnten der Öffentlichkeit gezeigt werden.
Obwohl man einen wirklich großen Saal im Museum auswählte, um das Tor zu präsentieren, ist die rekonstruierte Form dennoch verkleinert dargestellt. Die tatsächlichen Ausmaße des Tores waren einfach zu groß.
Betrachtet man sich die beeindruckende Prozessionsstraße und das große Tor fallen einem Löwen, Stiere und das Fabelwesen Mušḫuššu auf. Diese sind beeindruckend herausgearbeitet und stellen die Symbole für die Hauptgottheiten Babyloniens dar. Die Herstellung der gebrannten Ziegel war zu dieser Zeit bestimmt ein Meisterwerk und hat sicherlich bei der Rekonstruktion anfangs so einige Probleme bereitet. Mir gefallen sie sehr und dazu die wundervolle satte blaue Farbe der umgebenden Keramiken, einfach wunderschön.
Markttor von Milet
Geht man durch das Ischtar-Tor, steht man in einem großen und sehr beeindruckenden Raum, in dem das Markttor von Milet errichtet worden ist. Das Markttor ist ein römischer Torbau aus dem 2.Jahrhundert n. Chr. und stammt aus der Stadt Milet.
1903 fand man bei Grabungen in Milet Bauteile des Tors. Die türkischen Behörden genehmigten die Überführung nach Berlin und so konnte der Bau unter Verwendung der Originalteile im Pergamonmuseum rekonstruiert werden.
Das Tor ist ein prunkvoller Fassadenbau mit drei Durchgängen. Neben griechischen Elementen vereint der Bau auch noch römische Elemente und Elemente der hellenistischen Bautradition. Es zählte zu einem Ensemble repräsentativer Bauten in Milet.
Man vermutet, dass es für einen Besuch des Kaisers Hadrian 129 in Milet erbaut wurde. Erst im 7.Jahrhundert wurde das Tor wahrscheinlich Teil der Stadtbefestigungsanlage. Im Mittelalter zerstörte man das Tor.
Während ich in dem Raum stehe und das Exponate betrachte, fallen mir immer mehr die „Kleinigkeiten“ auf, die den Bau so bemerkenswert machen. Sei es die kunstvollen Arbeiten an den Säulen, kleinen Verzierungen oder eine Skulptur – alles wirkt harmonisch und stimmig. Zu gerne hätte ich hier eine kleine Zeitreise unternommen und das bunte Treiben rund um das Tor beobachtet.
Das Museum für Islamische Kunst im Pergamonmuseum
Im ersten Obergeschoss des Pergamonmuseums befindet sich das Museum für Islamische Kunst. Gleich nachdem ich die Räume betreten hatte, entdeckte ich den Hinweis auf ein App, die den Besuch in diesem Teil der Ausstellung medial begleiten soll. Also habe ich mir diese herunter geladen, um sie direkt vor Ort auszuprobieren. Aber dazu später mehr.
Das Museum stellt Werke der islamischen Kunst vom 7.-19.Jahrhundert aus. Viele der Exponate stammen aus den Gebieten des heutigen Iran, dem Vorderen Orient und Ägypten. Den Grundstein des Museums bildet die Schenkung der Mschatta-Fassade an Kaiser Wilhelm II. durch den osmanischen Sultan Abdülhamid II.. 1932 eröffnete das Museum im neu erbauten Pergamonmuseum. Heute befindet es sich im Obergeschoss des Südflügels.
Gleich am Anfang betrete ich einen Raum mit einer wirklich beeindruckenden Fassade aus Stein.
Mschatta-Fassade
Aus der jordanischen Wüstenresidenz Mschatta stammt die, aus der Mitte des 8.Jahrhunderts stammende Stein-Fassade. Der Palast von Mschatta lag etwa 30 Kilometer südlich von Amman und wurde wahrscheinlich 743-744 erbaut. Nach der Ermordung des herrschenden Kalifen blieb ein unvollendeter Bau zurück, den wenig später ein Erdbeben zerstörte.
Überreste entdeckte man 1840 und ein großer Teil gelangte 1903 in das Kaiser-Friedrich-Museum. 1932 baute man die Südfassade im Pergamonmuseum auf. Sie ist 33 Meter lang, etwa 5 Meter hoch und durch Tortürme geprägt. Ich finde die Fassade beeindruckend. Obwohl sie farblich keinerlei Gestaltungsmerkmale aufweist, wirkt sie nur aufgrund der Steinmetzarbeiten strukturiert und ich empfinde sie als interessant und abwechslungsreich.
Ausgewählte Exponate
Bei meinem Rundgang im Pergamonmuseum durch die Räume des Museums für Islamische Kunst entdecke ich viele Exponate, die mich auf die ein oder andere Weise beeindruckt haben. Sei es, weil ich etwas in der Art bisher noch nicht gesehen hatte oder weil es einfach wunderschön und beeindruckend auf mich wirkte.
Noch nicht gesehen hatte ich zum Beispiel die Tapeten, die aus Stuck gefertigt wurden und in den Häusern und Palästen von Samarra hingen. Ich kann mir überhaupt nicht vorstellen, wie lange ein Steinmetz an der Ausgestaltung eines Raumes gearbeitet haben muss. Ob die Menschen zu der Zeit auch ihre Häuser häufiger renoviert haben, wenn Ihnen die Tapete nicht mehr gefallen hat? Oder lebte man mit der einmal getroffenen Entscheidung, weil es zu teuer und zu arbeitsaufwändig gewesen wäre etwas zu erneuern…
Kamele waren für die Durchführung des Handels sehr wichtig. Ohne sie wäre der Transport der Waren noch schwieriger gewesen. In einem unterirdischen Bereich eines Kalifenpalastes hat man Überreste eines Frieses mit Kamelen entdeckt. Das ist nach heutigen Erkenntnissen eine sehr ungewöhnliche Wanddekoration, die mir aber sehr gefällt.
Beeindruckt haben mich die unterschiedlichen Gebetsnischen, die im Museum zu sehen sind. Sie unterscheiden sich durch die Verwendung der unterschiedlichsten Materialen und sind kunstvoll gearbeitet.
Teppiche islamischer Kunst
Einen Schwerpunkt der Dauerausstellung im Museum für Islamische Kunst bilden Teppiche. Der Teppich gilt heute als ein wichtiges Zeugnis des kulturellen Austausches zwischen Europa und dem Nahen und Mittleren Osten.
Es gibt bunte farbenfrohe Teppiche zu sehen, aber auch Teppiche, die durch den Zweiten Weltkrieg unwiderruflich Schaden genommen haben.
App TAMAM
Wie bereits erwähnt, wird als zusätzliches Angebot des Museums für Islamische Kunst eine App angeboten, die man sich mit Hilfe eines QR-Codes auf sein Android – oder Apple-Handy herunter laden kann.
Nachdem ich mir die App installiert und den Kamerazugriff erlaubt hatte, machte ich mich daran, die Funktionsweise zu testen. Die Anleitung genauer zu lesen, darauf hatte ich nicht so die Lust und hoffte, dass alles selbsterklärend funktionieren würde.
Mit dem Handy in der Hand und geöffneter App zog ich los. Dabei musste die Kamera die Objekte im Raum erfassen. Einige enthalten versteckte Markierungen, die von der Kamera erfasst werden. Nachdem diese erkannt sind, zeigte die App passend zu dem Objekt unterschiedliche Animationen an. So erklärte mir die App zum Beispiel an einem Teppich das dort gewebte Muster. Zusätzlich kann man Informationen über das Exponat abrufen.
Ich hatte bei der Nutzung meinen Spass. Andere Museumsbesucher haben mich allerdings beobachtet und eher mit Unverständnis reagierten. Es scheint heute bei vielen Menschen noch nicht angekommen zu sein, dass der Einsatz von zusätzlichen Medien den Museumsbesuch noch interessanter und abwechslungsreicher werden lässt. Vielleicht sollte man für diese Angebote noch mehr Werbung machen und sie weiter ausbauen. Ich könnte mir vorstellen, dadurch „Museumsmuffel“ für einen Besuch begeistern zu können, mich hat es begeistert und ich nutze diese Angebote immer sehr gerne.
Pergamonmuseum Besuchereingang:
James-Simon-Galerie
Bodestraße
10178 Berlin
Öffnungszeiten
Dienstag-Sonntag: 10-18Uhr
Montag geschlossen
Das Pergamonmuseum auf der Berliner Museumsinsel wird ab Oktober 2023 bis vorraussichtlich 2027 wegen Sanierungsarbeiten komplett für Besucher geschlossen.
Eintrittspreise:
Erwachsene: 12,-€
Die aktuellen Preise finden sie auf der Webseite der Staatlichen Museen zu Berlin.
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Der Museumsbesuch und die Veröffentlichung der Fotos fand in Kooperation mit den Staatlichen Museen zu Berlin statt.
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