Die Vagabund Brauerei ist eine feste Größe in der Berliner Craft-Beer-Szene. Seit ihren Anfängen im Jahr 2011 hat sich die Brauerei von einer kleinen Kellerbrauerei zu einem etablierten Namen und einer treuen Fangemeinde entwickelt, zu der wir auch gehören.
Auf einen Blick
- Was: Brauerei Vagabund
- Wo: Berlin
- Highlight: IPA und APA
- Ideal für: Bierliebhaber
Die Gründungsgeschichte: Von der Band zur Brauerei
Wer sich ein bißchen in der Craft-Beer-Szene auskennt wir nicht überrascht sein. Auch die Vagabund Brauerei entstand einst als kleine Heimbrauerei. In diesem Fall waren es die drei Amerikaner (Matt Walthall, David Spengler und Tom Crozier). Eigentlich wollten sie sich in Berlin ihrer Musikkarriere widmen, doch es kam alles anders.
Enttäuscht von der damals in Berlin vorherrschenden, eher traditionellen Bierauswahl, die hauptsächlich aus Pils bestand, beschlossen sie, die Sache selbst in die Hand zu nehmen. Keiner der Gründer war ein ausgebildeter Brauer; ihre beruflichen Hintergründe lagen in der Geschichtswissenschaft und im Journalismus. Zunächst begannen sie sich das Brauen selbst beizubringen – durch Bücher, Internetrecherche und vor allem durch Experimentieren. In ihrer Wohnung begannen sie, nach amerikanischem Vorbild zu brauen – Biere mit mehr Hopfen und experimentelleren Geschmacksprofilen. Schon einer der ersten angesetzten Sude in der Küchenbrauerei, es soll ein American Pale Ale gewesen sein, zeigte dass sie auf dem richtigen Weg waren.
Was als Hobby begann, entwickelte sich schnell zu einer Geschäftsidee. Im Jahr 2011 gründeten sie offiziell die Vagabund Brauerei GmbH. Das benötigte Kapital für eine größere Brauerei hofften sie bei einer Crowdfindung-Kampagne zu generieren. Mit dieser Kampagne wurden sie zu Europas erster durch Crowdfunding finanzierter Brauerei. Das Ziel war, 20.000 EUR für die notwendige Ausstattung wie Gärtanks und eine Zapfanlage zu sammeln. Fast 200 Unterstützer investierten 22.295 EUR in das Projekt. Die Kampagne war als „Community Supported Brewery“ konzipiert, bei der die Unterstützer je nach Höhe ihrer Einlage für einen bestimmten Zeitraum oder sogar lebenslang eine wöchentliche Ration frisches Bier erhielten.
Der Start war geschafft und eröffneten 2013 ihren ersten Taproom in der Antwerpener Straße im Stadtteil Wedding. Dieser kleine, gemütliche Ort wurde schnell zu einem beliebten Treffpunkt für Bierliebhaber und etablierte Vagabund als einen der Pioniere der aufkeimenden Berliner Craft-Beer-Bewegung.
Osram-Höfe
Das Bier kam in Berlin gut an. 2021 eröffnete das Vagabund Kesselhaus in den historischen Osram-Höfen. Die denkmalgeschützten ehemaligen Osram-Höfen befinden sich in der Oudenarder Str. 16-20 in Berlin-Wedding. Das Gebäude war ursprünglich ein ehemaliges Kesselhaus von Deutschlands erster Glühbirnenfabrik.
Das ehemalige Kesselhaus war bei der Übernahme sehr heruntergekommen und musste denkmalgerecht saniert werden. Das erforderte mehr Kapital und Einsatz als ursprünglich vermutet. Die enorme finanzielle Belastung brachte langfristige Probleme mit sich, die durch die COVID-19-Pandemie zusätzlich verstärkt wurden. Dies zwang die Betreiber der Vagabund Brauerei zu einer radikalen Umstellung ihres Geschäftsmodells. Da der Hauptabsatzkanal – die Gastronomie – wegbrach, musste das Unternehmen schnell auf den Einzelhandel (mit Listungen bei Rewe und Edeka) und Lieferdienste umschwenken.
Der Umbau wurde dennoch fertig und es ist ein toller einladender Ort entstanden. Hier fand die hochmodernen Produktionsstätte mit Bar und Biergarten ihren Platz. Die Produktionskapazität liegt bei rund 30.000 Litern pro Monat und Brauchargen von 4.500 Litern. Neben der Nutzung als Bar legten die Besitzer von Anfang an ihr Interesse auf zusätzliche Angebote. Man bot regelmäßige Veranstaltungen von regelmäßigen Bingo-Abenden und Live-Musik-Sessions mit lokalen und internationalen Künstlern an. Es sollte ein kreativer Raum für Begegnungen geschaffen werden.
Vor Ort werden bis zu 16 verschiedene Biere vom Fass angeboten, darunter sowohl Vagabund-eigene Kreationen als auch Biere von anderen lokalen Brauereien.Wer Interesse hat, kann sich auch zu geführten Brauereitouren und Bierverkostungen anmelden.
Insolvenz der Vagabund Brauerei
Trotz beachtlicher Erfolge, darunter die siebenmalige Auszeichnung als „Beste Braukneipe Deutschlands“ durch RateBeer (2014-2020), führte die finanzielle Last der Expansion in Verbindung mit externen Marktschocks (gestiegenen Kosten für Rohstoffe und Energie ) Anfang 2024 zur Insolvenz. Im Juli 2024 wurde das Unternehmen von der börsennotierten DF-Gruppe übernommen, einem Finanzunternehmen, das eine nationale Expansion der Marke anstrebt.
Inzwischen ist der Taproom in der Antwerpener Straße geschlossen. Der Betrieb läuft im Kesselhaus nach bewährtem Konzept weiter.
Brauphilosophie und Biersorten
Die Philosophie der Vagabund Brauerei ist es, die Bierkultur zu bereichern und eine Alternative zu industriell hergestellten Bieren zu bieten. Ihr Fokus liegt auf handwerklich gebrauten, geschmacksintensiven und vielfältigen Biersorten.
Dabei lassen sie sich von amerikanischen Braustilen inspirieren, interpretieren aber auch klassische deutsche Sorten neu. Ihr Helles wird beispielsweise als „ein Bayer mit Berliner Schnauze“ beschrieben. Es verbindet die Weichheit eines süddeutschen Lagers mit dem „frischen Biss eines Nordischen Pils“. Dieser Ansatz spricht den abenteuerlustigen Craft-Bier-Enthusiasten aber auch den Konsumenten mit einem traditionelleren Geschmacksprofil an.
American Pale Ale
Das Bier leucht schon beim Einschenken in einem satten Goldton, der ins Bernsteinfarbene übergeht. Eine leichte Trübung zeugt vom unfiltrierten Charakter, der Schaum ist cremig und beständig. Noch vor dem ersten Schluck nimmt man einen angenehmen Duft von Zitrusfrüchten wahr. Dieses spiegelt sich dann auch im Geschmack wider. Hier dominiert jedoch das Hopfenaroma.
Ein hopfenbetontes Bier, das sinnbildlich für die Anfänge der Brauerei steht.Der Alkoholgehalt liegt bei 5,2 %.
IPA (India Pale Ale)
Vagabunds Interpretation eines India Pale Ale ist oftmals als “Session IPA” ausgelegt – also mit geringerem Alkoholgehalt für längeren Genuss, aber ohne Kompromisse im Aroma. Es ist eindeutig mein Lieblingsbierstil dieser Brauerei.
Im Glas erkennt man eine leichte Hefetrübung, das Bier schimmert golden. In der Nase entfaltet sich eine wahre Hopfenexplosion. Intensive Noten von tropischen Früchten wie Mango, Ananas und Passionsfrucht, gepaart mit starken Zitrus- und Kiefernharz-Anklängen.
Ein stark gehopftes Bier mit intensiven Frucht- und Bitternoten. Der Alkoholgehalt liegt bei 4,5 %, der IBU bei 40.
Helles
Eine süffige und dennoch charaktervolle Interpretation des bayerischen Klassikers. Der „Bayer mit Berliner Schnauze“ hat einen herben Hopfengeschmack, der von einem leicht fruchtigen Aroma begleitet wird. Das Lagerbier hat einen Alkoholgehalt von 4,9%.
Glanzfein filtriert, erstrahlt das in einem leuchtenden Goldgelb im Glas, gekrönt von einer stabilen, weißen Schaumkrone. Der Antrunk ist weich und erfrischend. Die feine Getreidesüße wird von einer sehr zurückhaltenden, aber spürbaren Hopfenbittere (ca. 17 IBU) perfekt ausbalanciert.
Ich mag das Bier sehr. Es passt perfekt zu einem gemütlichen Abend im Biergarten.
Pils
Ein nach deutschem Vorbild gebrautes, aber oft mit einer modernen Hopfennote versehenes Pils.Das Pils schimmert klassisch golden und brillant klar im Glas. Besonders gefällt mir die feinen, langanhaltenden Schaumkrone. Der erste Eindruck ist eine präsente bittere Note (ca. 42 IBU), die typisch für ein charaktervolles Pils ist. Die Aromen von Edelhopfen dominieren, bringen florale und würzige Noten mit sich.
Ein Klassiker der Braukunst mit 5,1% Alkoholgehalt.
Weizen
Ein obergäriges Weizenbier, dass als traditionelles bayrisches Weizenbier beschrieben wird, ist gebraut mit Berliner Flair. Als Fan von Weizenbier müssen wir allerdings festhalten, es kommt geschmacklich nicht an die bayrischen Originale heran. Optisch passt es allerdings sehr gut: Naturtrüb und in einem satten, strohgelben Farbton. Die Schaumkrone ist üppig, cremig und stabil – wie es sich für ein Weizen gehört.
Hopwater
Ein mit Sabro-Hopfen aromatisiertes Sprudelwasser ohne Alkohol.
Gibt es mehr?
Darüber hinaus bietet Vagabund regelmäßig saisonale und experimentelle Biere an, die die Kreativität und den Entdeckergeist der Brauer unterstreichen. Einigen Quellen zur Folge sollen so im Laufe der Jahre etwa 190 verschiedene Biere entstanden sein. Ich habe schon einige saisonale Biere probiert, vom Sour-Beer bis zum IPA. Jedes hatte seinen eigenen Style und findet mit Sicherheit seine Fans. Mein bisheriges Lieblingsbier ist das Pony, ein Pale Ale.
Lust auf eine Tour? Hier gibt es die Tickets!
Adresse:
Oudenarder Straße 16-20,
13347 Berlin, Deutschland
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